Maschinenfabriken in Oesterreich, die Specialmaschinen zur Seifenfabrication herstellen, stehen mit ihren constructiven Ausführungen entschieden nicht auf der Höhe der technischen Vervollkommnung' jener im Deutschen Reiche.

Im Laufe der letzten Jahre hat sich die Seifenfabrication wieder auf eine solidere Basis gestellt. Im grossen und ganzen finden die altberühmten Kernseifen, fast neutrale, fettsaure Alkalien mit einem Wassergehalt von circa 30%, immer wieder mehr Anklang, während jene Producte der Seifenfabrication, die aus Füllsubstanzen, wie Lauge, Salzen, Wasserglas und Wasser mit wenig fettsauren Alkalien bestehen, in stetiger Abnahme begriffen sind. Die Zeiten der sogenannten Eschwegerseifen, die vor circa 30 Jahren von Deutschland aus ihren Siegeslauf durch fast alle Länder der Welt nahmen, sind vorüber. Nach und nach hat sich beim kaufenden Publicum die Erkenntnis Bahn gebrochen, dass das Billigste in Folge seiner zumeist schlechteren Qualität gewöhnlich das Theuerste ist.

Alle jene berühmten Textilseifensorten, die unter dem Collectivnamen »Marseiller Seifen« eine aus­gebreitete Anwendung finden, werden für den inländischen Bedarf in Oesterreich erzeugt, und stehen hier zu deren Fabrication Olivenöle aus Dalmatien zur Verfügung.

Als die Verwendung des sogenannten Elai'ns der Stearinfabriken zur Erzeugung der Elai'nseife auf­tauchte, haben dann successive viele Stearinfabriken Oesterreichs die Seifenfabrication aufgenommen.

Weit über die Grenzen Oesterreichs hinaus hat sich die Elai'nseife, die zuerst von der Ersten öster­reichischen Seifensieder-Gewerksgesellschaft »Apollo« in Wien unter dem Namen »Apolloseife« dargestellt wurde, einen guten Ruf als Haushaltungsseife erworben, und ist deshalb auch diese Marke vielfach nach­geahmt worden.

Seit circa zehn Jahren schlägt die Seifen-Industrie Oesterreichs eine ganz neue Richtung ein, was der Firma G. Schicht in Aussig a. E. als Verdienst zugeschrieben werden muss. Begünstigt durch die geographische Lage Aussigs für den Handel und durch die zollfreie Einfuhr von Palmkernen hat G. Schicht die Fabrication von Palmkernöl im grossen Maasstabe eingeführt und fertigt aus dem so gewonnenen Palmkernöl, theilweise unter Zusatz von anderen Fetten und Harz, die heute so beliebt gewordenen Palmkernölseifen an.

Abgesehen davon, dass diese Seifen in Folge ihres hohen Fettsäuregehaltes sehr solide Producte sind, besitzen sie im hervorragendsten Maasse die beim Publicum so beliebten Eigenschaften, sich leicht zu lösen und stark zu schäumen. Schichts Palmkernölseifen unter den Marken »Schlüssel«, »Patentseife« etc. haben sich daher einen sehr bedeutenden Absatz, insbesondere in Oesterreich, erobert.

In der Toiletteseifenfabrication ist jedoch im- Laufe der letzten Zeit kein bedeutender Aufschwung zu verzeichnen, und haben die feinen und feinsten Qualitäten gegen französische, englische und in neuester Zeit auch gegen deutsche Erzeugnisse zu kämpfen, da bei diesen Producten die Marke und der Name des Erzeugers beim kaufenden Publicum die Hauptrolle spielt. Willig zahlt der wohlhabende Consument horrende Preise für englische und französische Provenienzen, die altberühmte Marken tragen, und schlägt die Auf­nahme von fast gleichen Qualitäten inländischer Erzeugnisse, zu viel billigeren Preisen, rundweg ab.

Einer einzigen Firma, nämlich Gottlieb Taussig in Wien, ist es gelungen, sich einen Absatz in China und Indien mit ihren Erzeugnissen zu verschaffen und dort gegen deutsche, englische und fran­zösische Producte erfolgreich zu concurriren.

Der Absatz aller anderen bedeutenderen Firmen dieser Branche beschränkt sich fast ausschliesslich auf das Inland, nachdem auch der einst ganz beträchtliche Export nach Rumänien und Serbien der Zoll­verhältnisse und der riesigen deutschen Concurrenz halber grösstentheils verloren gegangen ist.

Als im Jahre 1851 durch die Londoner Industrie-Ausstellung die Cocosnussölsodaseife in weiteren Kreisen bekannt wurde, begann man auch in Oesterreich die Fabrication derselben einzuführen. Das Ver­dienst, diese Industrie im Inlande begründet zu haben, gebührt der Firma »Treu, Nuglisch & Cie.«, die im Jahre 1830 ihren Sitz in Wien aufschlug. Zu Ende der Fünfzigerjahre hatten schon nahezu alle bestehenden Toiletteseifenfabriken diese Fabrication aufgenommen, so die Firmen: Anton Himmelbauer & Comp, in Stockerau, Georo - Hartl & Sohn, F. Fischer, Perschel, Ferko, Carl Diedek, Calderara & Bankmann und Gott- lieb Taussig in Wien, J. Demartini und Franz Prochaska in Prag, Semmler & Frenzei in Brünn, Joh. Hoffmann und H. Kielhauser in Graz. Anfangs der Sechzigerjahre führte die Firma Carl Sarg in Liesing die Fabrication der festen und flüssigen Glycerinseifen ein, welche sich namentlich in minderen Qualitäten ihrer Billigkeit halber einer immer wachsenden Beliebtheit erfreuen. Zu einer Gross-Industrie im eigent-

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