liehen Sinne des Wortes ist die Erzeugung von Toiletteseifen in Oesterreich nicht zu rechnen, sie hat sich nur in einigen wenigen Fabriken über die gewerbsmässige Erzeugung heben können.

Was die technischen Einrichtungen in dieser Fabrication anbelangt, so sind dieselben bis in die allerneueste Zeit äusserst primitiver Natur geblieben. In allen grossen Seifenfabriken aber, die auch Haus- haltungs- und Textilseifen herstellen und das Sieden der Seife mit Dampf vornehmen, ist es selbstver­ständlich geworden, dass man eine grösstmöglichste Oekonomie bei der Dampferzeugung und Dampf­verwendung zu erzielen trachtet. Die Kessel- und Maschinenanlagen dieser Fabriken stehen daher technisch vollkommen auf der Höhe der Zeit.

Wissenschaft und Technik haben sich auch in diesem noch vor dreissig Jahren nur empirisch be­triebenen Zweige der chemischen Industrie siegreich Bahn gebrochen. Heute, bei dem grossen Concurrenz- kampfe der Industrien aller Länder der Erde, ist die Rentabilität auch in dieser Fabrication nur von den vollkommensten und billigsten Arbeitsweisen abhängig geworden.

2. Die Stearinkerzenfabrication.

Im Jahre 1837 hielt die Stearin-Industrie ihren Einzug in Oesterreich mit der Begründung der ersten österreichischen Stearinfabrik durch die Gebrüder Schräder in Steinhof bei Liesing, die sammt dem er­worbenen Privilegium im Jahre 1839 in den Besitz der Ersten österreichischen Seifensieder-Gewerksgesell- schaft »Apollo« in Wien übergieng. Kurze Zeit nach dieser ersten Gründung errichtete de Milly in Wien die sogenannte Millykerzenfabrik, die später nach Liesing bei Wien verlegt wurde, in den Besitz einer Actiengesellschaft gelangte und schliesslich von der Firma F. A. Sargs Sohn erworben wurde.

Das Vaterland dieser Industrie ist Frankreich. Auf den epochalen, wissenschaftlichen Arbeiten des berühmten französischen Chemikers Chevreul aufgebaut, welcher die chemische Zusammensetzung der in der Natur vorkommenden Fette als Verbindungen von Stearin-, Palmitin-, Oelsäure und anderen Fettsäuren mit Glycerin erkannte, ist diese Industrie fast gleichzeitig in allen Ländern Europas eingeführt worden.

Schon von Anfang an hat sich die österreichische Stearin-Industrie ein gutes Renommee zu ver­schaffen gewusst, und war dies ein Verdienst, welches die Erste österreichische Seifensieder-Gewerksgesell- schaft »Apollo« durch die gute Qualität der von ihr erzeugten »Apollokerzen« und de Milly durch die er­zeugten »Millykerzen« mit Recht für sich in Anspruch nehmen können.

Der Bedarf an Licht hat sich seit jener Zeit wesentlich vermehrt, nicht aber gerade zu Gunsten der Stearinkerzen-Industrie. Trotz der grossen Verbreitung des elektrischen, Auer- und Acetylenlichtes ward das Stearinlicht wegen seiner Handlichkeit immer eine Achtung gebietende Rolle unter den Beleuchtungs­mitteln einnehmen.

In Folge des wachsenden Bedarfes an Stearinlichtern folgten den beiden ersten Fabriken bald jene von A. Himmelbauer & Comp, in Stockerau, F. A. Müller & Söhne in Prag, Johann Hoffmann in Graz, Semmler & Frenzei in Brünn.

Bis zum Jahre 1850 diente zur Erzeugung des Stearins ausschliesslich reiner geschmolzener Talg von Rindern und Schafen in der Qualität, wie er im Inlande erzeugt wurde. Erst später, nach Begründung von besseren Verkehrsmitteln, bezog man auch Talg von Russland, Amerika und Australien. Heute dienen zur Erzeugung des Stearins nicht nur der Talg von Rindern und Schafen, sondern auch Presstalg als ein Abfallproduct der Margarinfabrication sowohl inländischer als amerikanischer Provenienz, Palmöle und andere feste Pflanzenfette, wie chinesischer Talg, Pflanzentalg, Sheabutter, in grosser Menge auch Benzin- Knochenfette, ferner alle anderen festen Abfallfette.

Die Verarbeitung des käuflichen geschmolzenen Talges erfolgte in der Weise, dass derselbe in grossen Holzbottichen mit i4°/u Aetzkalk in Form von Kalkmilch zusammengerührt und die so gebildete Kalkseife in Mühlen fein gemahlen und sodann mit verdünnter Schwefelsäure in Fettsäuren und Gips zer­legt wurde. Das bei dieser Operation als Zwischenproduct resultirende Glycerin gieng früher mit dem ge­bildeten Gips und den schwefelsauren Abwässern verloren. F. A. Sargs Sohn in Liesing versuchte im Jahre 1858 nach Fouché und Wrigth die Spaltung der Neutralfette unter Hochdruck mit Wasser einzu­führen, welche Methode aber an den schlechten Spaltungsresultaten und an ihrer grossen Gefährlichkeit scheiterte, da die hiezu verwendeten Druckgefässe (Autoclaven) mit Feuer direct erhitzt wurden.

Unterdessen hatte de Milly an seiner alten Methode der Spaltung der Fette mit 14% Aetzkalk weitergearbeitet und gelangte schliesslich zu dem Resultate, die Spaltung mit nur 3% Aetzkalk in Auto-