Das Erste was die Herren Sarg, Vater und Sohn einführten war, dass sie bei der Verseifung mit Kalk eine dünnere Milch anwendeten; durch diese kleine Aenderung, damals auch deutschen Fabriken schon bekannt, wurde das so be­schwerliche Ausschlagen der Bottiche erspart und die Zersetzung leichter und schneller durchgeführt. Auch wurde zu der Zersetzung anstatt Schwefelsäure Salzsäure verwendet, wodurch die lästige und zeitraubende Manipulation mit dem restirenden Gipse entfiel. Im Laufe der Zeit, namentlich nach der Einführung von Hochdruckapparaten zur Verseifung, ist wieder auf die Zersetzung mittelst Schwefelsäure zurüekgegriffen worden.

Schon bei der Uebernahme der Fabrik war es F. A. und Carl Sarg, denen sich auch auf einige Zeit ein deutscher Stearinfabrikant, W. Vollmar aus Offenbach bei Frankfurt a. M., anschloss, klar, dass das damalige Verseifungsverfahren veraltet sei und durch Verseifung mit Hilfe von Hochdruckapparaten ersetzt werden müsse.

Im Jahre 1835 hatte Runge die Verseifung mit Kalk unter Hochdruck entdeckt, welche jedoch erst im Jahre 1851 von Milly so bedeutend verbessert wurde, dass sie in der Fabrication eingeführt werden konnte. F. A. Sarg und dessen Sohn wandten sich gleich nach der Erwerbung der Fabrik an die Herren Fouchers Wrigth, welche im Sep­tember 1858 die ersten Hochdruckapparate in Liesing aufstellten. Es wurde damals mit 12 Atmosphären Druck und 1 bis 2% Kalk gearbeitet. Wenn sich auch diese Apparate im Anfänge nicht so bewährten, wie es sich die Er­finder derselben ausmalten, so war doch der Vorth eil gegenüber dem oben beschriebenen alten Verfahren ein sehr grosser. Im Laufe der Zeiten wurde daran vielfach geändert, doch waren die hiedurch erzielten Vortheile nicht mehr so bedeutend wie beim Uebergange vom alten Verseifungsverfahren zur Verseifung mittelst der Hochdruck­apparate.

Die nach der Zersetzung mittelst Schwefelsäure erhaltenen Fettsäuren wurden gewaschen, der Krystallisation über­lassen und hierauf die feste Stearin- und Palmitinsäure von der flüssigen Oleinsäure durch Kalt- und Warmpressen getrennt. Das so erhaltene Stearin wurde durch Kochen mit Schwefelsäure geklärt und hierauf an das Giessen der Kerzen in Handformen geschritten. Das Krystallisiren der Stearinsäure wurde durch Rühren bis zur Abkühlung zu einem krystallinischen Brei erzielt. Beim Giessen selbst haben sich ebenfalls grosse Schwierigkeiten ergeben. Die Kerzen giengen sehr schwer aus den Formen, die Köpfe rissen ab, der Docht kam leicht aus seiner Lag-e etc. etc. Um diese Uebelstände zu vermeiden, wurden nun die Kerzen auf sogenannten Kerzentischen gegossen. Bevor man zu giessen begann, brachte man die Formen, in welche vorher der gebeizte Docht eingezogen wurde, in einen Kasten mit doppelten Wandungen, zwischen welche man Dampf leiten konnte, und erwärmte dieselben auf 45 0 Celsius, worauf das Eingiessen des Stearins erfolgte. Abgesehen von der umständlichen Erwärmung und Abkühlung der Masse war die Centrirung des Dochtes eine höchst unvollkommene.

All diesem wurde durch die Einführung von Kerzenmaschinen ein Ende bereitet, durch die 100 und mehr Kerzen, alle mit gleichmässigem schönen Aussehen, auf einmal gegossen werden, die Calamitäten mit dem Docht haben aufgehört, und in viel kürzerer Zeit wird ein grosses Quantum hergestellt.

Schon Junker kannte 1753 die Thatsache, dass bei der Destillation der Fette wieder Fette auftreten. Das von Chevreul und Gay-Lussac im Jahre 1825 genommene Patent erwähnt die Destillation der Fette unter Anwendung von Wasserdampf. Jedoch die Methode war noch zu wenig ausgearbeitet, um mit Erfolg angewendet werden zu können. Die Temperatur, auf welche die Fettmassen erhitzt wurden, war circa 300°, viel zu hoch und die Acrolei'n-Bildung in hohem Grade begünstigend. Milly verbesserte zwar später das Verfahren, indem er die Temperatur auf circa 180 0 verminderte, Dubrumfaut versuchte 1841 ebenfalls die neutralen Fette durch Destillation zu zerlegen, doch glückte dies erst dann, als die Fettzersetzung mittelst Schwefelsäure allgemeine Verbreitung fand, und als man anstatt der Fette die Fettsäure destillirte. Auch in Liesing bestand schon im Jahre 1858 eine Destillation nach dem alten Ver­fahren von de Milly und Gay-Lussac. Die damaligen Resultate waren jedoch derartige, dass das Auflassen der Destillation im Jahre 1858 wesentlich dazu beigetragen hat, die Fabricationsspesen zu vermindern und das Product zu einem besseren zu gestalten. Während man bei den heutigen Destillationen nur von einem Gehalte von 0-5 bis höchstens 1% Unverseifbarem (Kohlenwasserstoff) spricht, enthielt das damalige Product weit über 15% Kohlen­wasserstoff, und litten bei dem alten Verfahren die Arbeiter durch die entstehenden Dämpfe stark an den Augen. Erst 1870 wurde in Liesing eine neue Fettdestillation eingerichtet, welche, nach und nach verbessert, den heutigen Anforderungen vollkommen entspricht.

Die flüssige Fettsäure, das Elain, wurde durch Filtration von dem ihm anhaftenden Stearin befreit und zur Darstellung der Elain- und Millyseife verwendet.

Das bei der Verseifung frei werdende Glycerin wurde 1778 von Scheele beim Bleipflasterkochen entdeckt und von Chevreul, Pelouze und Bertholet näher untersucht. Lange Zeit war die Pflasterbereitung die einzige Quelle zur Darstellung des Glycerins. Die grosse Verdünnung, welche die Glycerinwässer bei dem alten de Millyschen Ver­fahren hatten, machte es schwer, das Glycerin ohne zu grosse Kosten daraus zu gewinnen, ganz abgesehen davon, dass es sich beim Erhitzen leicht zersetzt. Auch war die schmutzige Farbe ein Hindernis, um das Product, welches vorerst nur pharmaceutische Verwendung fand, im grossen darzustellen.

Durch Einführung der Hochdruckapparate erhielt man zwar concentrirtere Glycerinwässer, jedoch wurden dieselben bis zum Jahre 1859 ebenfalls als werthlos ablaufen gelassen. Eine der wichtigsten Einführungen der Sargschen Fabrik auf dem Gebiete der Fett-Industrie war die erste fabriksmässige Gewinnung des Glycerins. Die Erfahrungen, welche man in der Zucker-Industrie gemacht hatte, wurden von Sarg benützt, und durch das Eindampfen des Gly­cerins im Vacuum ward das Zersetzen desselben vermieden. Um es weiter zu reinigen, wurde es über Thonerde filtrirt; später verwendete man Knochenkohle (Spodium) dazu. Entsprach auch dieses zuerst hergestellte Glycerin nicht allen Anforderungen unserer heutigen Pharmacopöe, so wurde es doch in ziemlicher Reinheit geboten. Carl Sarg veranlasste nun seinen alten Lehrer Justus von Liebig, über die Eigenschaften dieses neuen Körpers Studien zu beginnen, und bald ward das Glycerin der Gross-Industrie zugänglich gemacht und zu Schlichtzwecken, bei der

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