Die 1842 geschaffene k. k. Generaldirection für Staatseisenbahnbauten brachte zunächst im Sinne des ersten Programmpunktes die Linie OlmützPrag, im Sinne des zweiten MürzzuschlagGraz, Glogg­nitzMürzzuschlag (Semmeringbahn), sowie die Karststrecke LaibachTriest zur Ausführung.

Für den Betrieb der Staatsbahnen wurden nach Ablösung der Wien-Gloggnitzer Linie in Prag, Graz und Wien k. k. Betriebs-Directionen errichtet. Die eingelösten galizischen Linien wurden als öst­liche Staatsbahn, die ungarischen Linien als südöstliche Staatsbahn bezeichnet.

Die vierte Periode (18541867) charakterisirt sich als Zeitraum des Ueberganges vom Staats- zum Privatbahnsystem, dessen Entwickelung durch Garantien gefördert wurde. Die hohen Baukosten der schwierigen Staatslinien, die Auslagen zur Stützung nothleidender Privatunternehmungen, die Einlösung solcher Privatbahnen, die ausserordentliche Inanspruchnahme des Staatsschatzes für andere wichtige Zweige der Staatsverwaltung einerseits, andererseits die zahlreichen Forderungen der Provinzen hinsichtlich Schaffung neuer Bahnen, deren Werth man anzuerkennen begann, führte 1854 zum Concessionsgesetze, welches das Privatcapital heranziehen sollte. In diesem Gesetze wurde den zu bildenden Privatgesellschaften die Erlangung des Verkehrsmonopols als Schutz gegen Concurrenzbahnen, sowie das ausschliessliche Recht des Betriebes und das Enteignungsrecht zugestanden, ferner Subventionen in Form von Zinsengarantien in Aussicht gestellt. Der Heimfall an den Staat wmrde von 50 auf 90 Jahre hinausgeschoben, die Förmlichkeiten zur Erlangung der Concession wesentlich verringert, alle Befugnisse und Verbindlichkeiten genau umschrieben.

Das ausländische, insbesondere französische Capital trat sofort ein und stellte Anträge auf käufliche Erwerbung der bis dahin geschaffenen Staatsbahnen, welche die Regierung aus schwerwiegenden Gründen schrittweise annahm; hatte doch in der finanziellen Gebahrung des Staates sich ein Deficit von 315 Millionen Gulden Conventionsmünze gezeigt, während andererseits die Unruhen und kriegerischen Ereig­nisse im Orient Oesterreich vor die Nothwendigkeit stellten, seine Interessen mit den Waffen vertheidigen zu müssen. Trotz des mit glänzendem Erfolge abgeschlossenen grossen nationalen Anleihens war es nicht möglich, die Valuta herzustellen. Der Beschluss, gegen eine entsprechende Lösungssumme die Staats­bahnen auf eine gewisse Reihe von Jahren an Privatunternehmer zum Betrieb zu überlassen, erschien als geeignetes Mittel, die finanziellen Schwierigkeiten zu beheben.

Es entstand zunächst die 1854 gegründete Staats-Eisenbahn-Gesellschaft, die vom Staate die Linien OlmützPragBodenbach, MarcheggPestSzegedin u. s. w. an sich brachte; 1858 die Süd­bahn-Gesellschaft, welche die Staatslinie WienTriest, die Kärntner und Tiroler Linien erwarb und bald darauf neben anderen Erweiterungen an den Ausbau der Tiroler Linie durch Herstellung der Brenner­bahn schritt.

Die Kaiser Ferdinands-Nordbahn vergrösserte ihr Netz. Die Buschtiehrader Bahn, die Elisabeth-West­bahn, die Süd-Norddeutsche Verbindungsbahn (PardubitzReichenberg), die Böhmische Westbahn, die Linien BrünnRossitz, AussigTeplitz u. a. wurden ins Leben gerufen. Die Centraldirection für Staatseisen­bahnen wurde aufgelöst, hingegen die k. k. General-Inspection der Eisenbahnen als Polizeibehörde des Eisenbahnwesens geschaffen. Das Nichteintreffen der anfangs erhofften vollen Ertragsfähigkeit, Miss­helligkeiten, betreffend die Inanspruchnahme der Staatsgarantie, die Verdüsterung der allgemeinen Lage verursachten 18571862 einen wesentlichen Rückgang, mehrere Concessionen kamen überhaupt nicht zur Ausführung. Nur die Turnau-Ivraluper Bahn, die Lemberg-Czernowitzer Bahn, die Böhmische Nord­bahn und ein paar kleinere Linien wurden wirklich gebaut. Der Krieg von 1866 lähmte nach kurzem Wiederaufflattern des Unternehmungsgeistes zunächst jede Thätigkeit.

Eine fünfte Periode umfasst die Jahre von 1867 bis 1873. Sie wird vielfach als die Periode des volkswirthschaftlichen Aufschwunges bezeichnet. In diese Periode fällt die Erbauung einer Reihe der schwierigsten Bahnlinien.

Der dauernde Friede, der Ausgleich mit Ungarn und dadurch die Festigung der Verfassung,

wozu noch die Aufschliessung mächtiger Kohlenlager in Böhmen, reicher Getreideexport, das Aufblühen

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vieler Industriezweige kamen, hoben das Erträgnis der bestehenden Bahnen; die erprobte Leistungsfähigkeit des Bahnnetzes im Kriege, der Wunsch, die Noth in dem direct betroffenen Kriegsgebiete durch öffent­liche Arbeiten zu lindern, das Bestreben, mit anderen Staaten Anschlüsse zu erzielen, stimmten die Re­gierung zu Eisenbahnconcessionen geneigt. Die Erweiterung der Linien der Nordbahn, der Karl Ludwig- und Lemberg-Czernowitzer Bahn, der Südbahn, die Vergrösserung des Netzes der Buschtiehrader Bahn

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