gebrauchsfähig zu sein, förderte im Jahre 1840 Brandts Giessmaschine, welche durch Gottlieb Haase in Oesterreich eingeführt und von ihm auch erzeugt wurde, täglich bereits 20.000 Typen zu Tage. In die Jahre 1854 bis 1862 fallen die Versuche mit Completgiessmaschinen, aus denen jene des John Robert Johnson, die 1862 auch in London ausgestellt war, siegreich hervorgieng, in Oesterreich aber erst 1874 durch die Firma Poppelbaum in Wien eingeführt wurde. Früher schon hatte Karl Schleicher in einem Vortrage im Niederösterreichischen Gewerbeverein auf Fouchers Completgiessmaschine aufmerksam gemacht. Er war in der Folge auch bestrebt, die Completgiessmaschinen zu vereinfachen, und seinen Be­mühungen gelang es 1873 eine solche Maschine herzustellen, die hinsichtlich ihrer Construction von den bisher bekannten Systemen bedeutend abweicht und ausgezeichnet functionirt, die aber auch dadurch bemerkenswert]! ist, dass sie die Bleidämpfe durch eine Vorrichtung beseitigt. Auch auf diese öster­reichische Erfindung, welche bisher von den österreichischen Collegen des Erfinders leider noch nicht hinlänglich gewürdigt wurde, hinzuweisen, geboten nicht nur der Patriotismus, sondern auch das Interesse, welches sie zu beanspruchen berechtigt ist.

Der ungemein rege Geschäftsbetrieb im Allgemeinen, sowie die wie Pilze aus dem Boden ge­schossenen Banken und anderen Institute schufen den Buchdruckern Aufträge, die nur mit dem Aufwande aller Kräfte zu bewältigen waren. Die Ausführung der Arbeiten hatte sich neuerdings vervollkommnet, was nun freilich durch die zu Gebote stehenden neuen Hilfsmittel erleichtert war. Es waren glänzende Ver­hältnisse, welche die beiden ersten Siebzigerjahre für Oesterreichs Typographen mit sich führten. Sie hielten _ auch noch die ersten Monate des Jahres 1873 an, wenngleich schon zu dieser Zeit hie und da schwache Anzeichen der herannahenden Reaction sichtbar wurden, die in den Maitagen mit elementarer Gewalt hereinbrach und die Luftschlösser vernichtete, welche ein waghalsiges Speculantenthum aufgebaut hatte, worunter indes auch solide Unternehmungen litten. Es kam eine harte Zeit der Ernüchterung. Der Besuch der grossartig und mit hohen Kosten veranstalteten Ausstellung hatte den Erwartungen nicht entsprochen; die Geschäfte verhauten nach Schluss derselben in raschem Tempo, und bereits das nächste Jahr zeigten sich sowohl in Wien als in den Ivronländern sichtbare Spuren des Verfalles, dem erst gegen Ende des Decenniums wieder ein geringer Aufschwung folgte.

Dass der Buchdruck von diesem Niedergange sehr empfindlich berührt wurde, braucht wohl nicht erst besonders erwähnt zu werden; ist er doch aufs innigste sowohl mit den politischen, als auch geschäftlichen und socialen Verhältnissen verknüpft. Der Zeitungsdruck hatte durch das Eingehen vieler Tages- und Wochenblätter empfindlich abgenommen; der Werkdruck war nach und nach zum Theil ins Ausland ab­geflossen, wofür jetzt von den Verlegern und Autoren nicht mehr die Exactheit des ausländischen Druckes, sondern die Billigkeit desselben vorgeschützt wurde. Dieser Uebelstand hält aber auch heute noch an, und schutzlos seitens des Staates steht die inländische Druck-Industrie der ausländischen Concurrenz gegenüber, die ihr von ihren eigenen Mitbürgern bereitet wird. Zu all dem kam noch die rücksichtslose Vermehrung der beschränkten Tretpressendrucker-Concessionen, welche die Regierung aller Vorstellungen der bereits sehr bedrängten Buchdrucker ungeachtet, sehr häufig an Nichtbuchdrucker verlieh, wodurch die Anzahl der Buchdruckereien in einem zum Bedarfe ausser jedem Verhältnisse stehenden Maasse vermehrt, der Geschäftsbetrieb einzelner sehr lang bestehender Officinen dafür aber oft recht fühlbar eingeschränkt wurde. Denn diesen entgieng derart ein wesentlicher Theil des Verdienstes aus dem Accidenzdruck, der früher Ausfälle zu decken bestimmt war, die durch die fortwährende Reduction der Preise für Werk­druck u. a. entstanden.

Durch die Vermehrung der Concessionen, sowie durch die in den vorangegangenen Jahren erfolgte Hebung der Volkswirtschaft und literarischen Thätigkeit hatte sich auch die Zahl der Druckorte Oester­reichs stark erhöht. Es zählte deren im Jahre 1880: Böhmen 75, Mähren 26, Niederösterreich 19, Tirol und Vorarlberg 16, Galizien 15, Oberösterreich 12, Steiermark 9, Schlesien 7, das Küstenland 6, Krain 4, Kärnten 3, Dalmatien 2, Salzburg 2, Triest 1, die Bukowina 1, Bosnien, das vor der Occupation noch keine Buchdruckerei besass 1 mit 2 Officinen.

In diesen Druckorten befanden sich zu dieser Zeit 607 Officinen, und zwar in Wien 195, Nieder­österreich 24, Oberösterreich 21, Salzburg 6, Steiermark 19 (wovon in Graz 8), Kärnten 8, Krain 9, Tirol und Vorarlberg 27, Triest 9, Küstenland 10, Böhmen 157 (wovon 38 in Prag), Mähren und Schlesien 66 (wovon 12 in Brünn), Galizien 45 (wovon 18 in Lemberg), Bukowina 4, Dalmatien 7, also wie oben angeführt 607 gegen 127 im Jahre 1848. Der Vergleichung halber seien auch noch die Zahlen der heute

Die Gross-Industrie. VI.

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