Gelegenheit wird nun in bester Weise Nutzen gezogen, ohne dass hiedurch der gleichfalls schöne regel­rechte Satzbau Abbruch erlitte.

Auf die Betriebskräfte für Pressen übergehend, ist an die Jahre zu erinnern, in denen dieselben ausschliesslich von Menschenhand in Bewegung gesetzt wurden. Es geschah dies mit geringen Ausnahmen bis Mitte der Sechzigerjahre. Die erste österreichische Druckerei, welche 1848 den Dampfbetrieb ein­führte, war die Officin Leopold Sommers in Wien; ihr folgten erst langsam weitere, welche den Werth dieser Einrichtung begriffen hatten, aber auch durch die Zahl ihrer Schnellpressen aus derselben Nutzen zu ziehen vermochten. Anfangs der Sechzigerj ahre fand in den mittleren Officinen Oesterreichs der Gas­motor Eingang und machte die bis dahin zumeist verwendeten Raddreher überflüssig. Die Elektricität griff indes, wie auf so vielen anderen Gebieten, auch hier ein und bahnte eine Umwälzung an. Seit Beginn der Neuzeit ist sie in mehreren grösseren Druckereien als Betriebskraft in Verwendung und wird in neuester Zeit für den Einzelantrieb sowohl der Schnell-, als auch der Tretpressen benützt, alle anderen Motoren rasch verdrängend.

Mussten sich die Arbeiter in manchen Druckereien auch noch nach 1848 mit dem Talglicht oder der unreinen Oellampe bei der Arbeit begnügen, so trat an deren Stelle allmählich das Gas, welches in den letzten Jahren durch elektrisches Bogen- oder Glühlicht, in jüngster Zeit aber auch durch das Auerlicht ersetzt wurde.

In Bezug auf die Räumlichkeiten, in denen Druckereien untergebracht sind, ist gleichfalls ein _ namhafter Fortschritt, speciell in hygienischer Hinsicht eingetreten. Die schmutzigen und lichtarmen Localitäten sind meist freundlicheren gewichen, und nicht wenige Officinen können auch nach dieser Richtung hin als mustergiltig bezeichnet werden. Neben anderen Bauten sowohl Wiens als auch in den Ivronländern, möge hier auf den äusserst umfangreichen Palast der k. k. Hof- und Staatsdruckerei in Wien verwiesen werden, welcher in allen Beziehungen sich als das darstellt, was sowohl vom Standpunkte der Nützlichkeit als auch der Salubrität gefordert werden soll. Dieses 1892 dem Betriebe übergebene Gebäude erfreut sich der modernsten Einrichtungen für alle von dem Institute gepflegten Zweige, ist günstig gelegen und gibt circa 1700 bis 1800 Personen genügenden Raum für ihre Beschäftigung.

Zu all den hier aufgeführten Errungenschaften der Neuzeit steht jedoch die Lage der Privat- Buchdruckerei in materieller Hinsicht in einem schlimmen Gegensätze. Vom Staate wenig geschützt, durch press- und gebührengesetzliche Bestimmungen niedergehalten, hat sie auch noch eine schwere Concurrenz durch die immer neu auftauchenden Concessionäre zu bestehen, welche ebenfalls an einem Markte theil- nehmen wollen, der verhältnismässig so gering beschickt ist. Denn die Verlagsthätigkeit Oesterreichs hat aus hier nicht zu erörternden Gründen viel eingebüsst; der Staat hat den grösseren Theil der Arbeit für seinen Bedarf an sich gezogen, und überdies herrscht überall auch bezüglich der Drucksachen Einschränkung.

Trotzdem ist eine stete Vermehrung sowohl der Druckorte, als auch der Officinen wahrzunehmen. Oesterreich besass im Jahre 1897 297 Druckorte mit 852 Officinen, Bosnien und Herzegowina 4 Druckorte mit 11 Officinen, Wien zählte 214 Druckereien, Niederösterreich deren 32 in 23 Druckorten, Oberösterreich 34 in 16, Salzburg 14 in 4, Steiermark 26 in 13, Kärnten 11 in 5, Tirol und Vorarlberg 46 in 23 Druck­orten, Triest 15 Officinen, das Küstenland 14 Officinen in 7 Druckorten, Böhmen 242 in 108, Mähren 78 in 36, Schlesien 24 in 10, Galizien 66 in 29, die Bukowina 15 in 8, Dalmatien 12 in 5 Druckorten.

Zur Vergleichung früherer Daten sei auch der gegenwärtige Stand der Druckereien Ungarns und von Croatien und Slavonien hieher gesetzt. Ungarn zählte 1897 in 236 Druckorten 665 Buchdruckereien, von welchen 193 allein auf Budapest entfallen; Croatien und Slavonien in 29 Druckorten 53 Officinen, was insgesammt die Zahl von 255 Druckorten mit 718 Officinen ergibt, somit gegen 1880 eine Steigerung um 229 Officinen im Gegensätze zu den Ziffern Oesterreichs, das sich schon länger der Segnungen der Cultur erfreut, ein glänzendes Zeugnis für die aufstrebende Literatur und Volkswirthschaft dieser Länder, denen freilich allseitig, besonders aber von der Regierung, wesentliche Unterstützung zu Theil wird.

Dass bei so manniefachen Hemmnissen, denen die österreichische Druck-Industrie seit Decennien unter-

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worfen blieb, der Trieb nach Vervollkommnung ihrer Erzeugnisse nicht erlahmte, sondern immer reger wurde, muss ihr zur Ehre angerechnet werden. In Niederösterreich ist es, nebst einigen bedeutenderen Firmen in kleineren Städten, speciell Wien, das durch seine mitunter grossartigen Leistungen hervorragt. Die Firmen Holzhausen, Jasper, Emil M. Engel, Fromme, Gottlieb Gistel & Co., Steyrermühl,

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