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Die Groß-Industrie Oesterreichs : Festgabe zum glorreichen fünfzigjährigen Regierungs-Jubiläum seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I. dargebracht von den Industriellen Österreichs 1898 ; Sechster Band
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Durch Preisausschreibungen der Wiener Photographischen Gesellschaft, namentlich auch unter Mitwirkung der für diesen Zweck im Jahre 1868 von Voigtländer gewidmeten ansehnlichen Stiftung, wurden die fachlichen Publicationen in Wien mächtig gefördert, z. B. durch die Publication der J. B. Obernetterschen Einstaubmethode zur Herstellung verkehrter Negative (1874), durch die preisgekrönte Abhandlung Eders »Ueber die Reaction der Chromate auf organische Substanzen unter dem Einflüsse des Lichtes« (1878), durch die wichtige Publication Major O. Volkmers über die Reproductionsverfahren, welche im Militär-geographischen Institute ausgeübt wurden, die Mittheilungen des Hauptmann Pizzighelli (technisch-administratives Militärcomitö in Wien) über Copir- und Druckverfahren, die vielseitigen um­fassenden Arbeiten Baron Hübls (Militär-geographisches Institut) über Negativ-, Positiv- und Druck­verfahren; ferner wurden neue Verstärkungsmethoden für Collodionnegative (Bleiverstärkung, Eder und Töth, Metol- und Hydrochinonverstärkung von Hübl) gefunden und die chemischen Grundlagen der Jodirung der Collodien festgestellt (Pyroxylin, Cadmium-Doppelsalze und ihr Einfluss im Collodion von J. M. Eder, 1876), welche für die Reproductionsphotographie Werth haben. Dann wurden schätzbare Mittheilungen von Dr. Mall­mann und Scolik in Wien, Prof. Rainer, Prof. Valenta, Prof. Lenhard, Einsle, Hauptmann David, Dr. Just, Hazura und Hruza (Untersuchungen über künstliche Farblacke, Lichtbilder etc.), Weissen- berger (Lichtpausverfahren, Platinotypie, Autotypie etc.), Prof. Albert, Kampmann u. A. gemacht.

Mittlerweile tauchte das Verfahren mit Bromsilbergelatine-Trockenplatten auf, das in England (1871) erfunden und in Oesterreich gegen Ende der Siebzigerjahre wohl zuerst vom Photographen Haack (Landstrasse, Hauptstrasse), dann von J. Löwy in Wien (Weihburggasse) praktisch (unter Verwendung englischer, respective belgischer Fabrikate) im Porträt- und Landschaftsfach erprobt wurde.

In rascher Folge führten Dr. Szökely (I., Opernring), Dr. Heid (Landstrasse), Gertinger (Wieden) und andere Ateliers das Verfahren ein, welches das Collodionverfahren auf allen Gebieten der Negativphotographie (ausgenommen die photomechanischen Reproductionsverfahren) schlug. Die Her­stellungsweise der Bromsilberemulsion und ihre wissenschaftlichen Principien waren damals wenig bekannt. Eder stellte 1880 hierüber ausführliche Untersuchungen an und publicirte sie in dem ersten hierüber in deutscher Sprache erschienenen, später ins Englische und Französische übersetzten Specialwerke. Ferner wurde durch die Einführung einer Entwicklungsmethode (Eisenoxalat-Entwickler), welche sicherer war, als die anderen damals bekannten, die Einbürgerung des Verfahrens durch den eben Genannten gefördert. Die erste Trockenplattenfabrik in Oesterreich errichtete Haack (1879, Wien, III. Bezirk), welche E. Schattera im Jahre 1888 übernahm, dann Dr. Heid (18821891), dann J. Löwy und Plener (1885), sowie Anger er und Dr. Szökely (später Preininger), sämmtlich in Wien; sie konnten aber, trotz erzielter guter Resultate, mit den ausländischen Fabrikaten auf die Dauer, zum Theile wegen zu kleiner Fabriks­anlage etc., nicht concurriren, während andere (z. B. Schattera) sich als concurrenzfähig erwiesen.

Mit besonders günstigem Erfolge arbeitete man in Wien aber an der Ausgestaltung der ortho­chromatischen Photographie; die sensibilisirende Wirkung von Farbstoffen auf Bromsilber hatte Professor H. W. Vogel in Berlin entdeckt. Zur Kenntnis dieser Sensibilisatoren, namentlich bei Bromsilbergelatine, trugen in der Folge wohl am meisten die spectrographischen Untersuchungen der Wiener Photochemiker bei (Entdeckung des mächtigsten Sensibilisators für Gelbgrün durch Eder, der besten Roth-Sensibili­satoren für Bromsilbergelatine von E. Valenta und Eberhard, sowie Baron Hübl). Diese Arbeiten trugen grossentheils dazu bei, dass die orthochromatische Photographie, sowie der Drei- und Vierfarbendruck in Oesterreich sich so rasch und günstig entwickelte.

Das Arbeiten mit Gelatinetrockenplatten gab der Porträt-, Landschafts- und Momentphotographie allerorts einen ungeheueren Aufschwung, und die Sicherheit des Verfahrens war die Hauptursache, dass die künstlerische Seite der Photographie leichter cultivirt werden konnte. Dies fand namentlich Ausdruck in den Emporblühen der Amateurphotographie, welche in hervorragender Weise vom »Wiener Camera-Club« vertreten war. Eine Anzahl von Amateurphotographen, welche durch die in der Wiener Photographischen Gesellschaft eifrig gepflegten Fortschritte der Photographie ihre erste Anregung erhalten hatten, gründeten (1887) unter dem Präsidenten Srna den genannten Club, dessen Protectorat Ihre kaiser­liche Hoheit Erzherzogin Maria Theresia übernahm; derselbe veranstaltete Ausstellungen und gab die Zeitschrift »Wiener Photographische Blätter« heraus. 1 ) Zu den hervorragendsten Amateurphotographen

1 ) Anfangs war die »Photogr. Rundschau« (Halle a. S.) das Vereinsorgan des »Camera-Club«. Im Jahre 1894 gründete der Club die »Wiener Photogr. Blätter« (Redacteur Prof. Schiffner), welche 1898 zu erscheinen aufhörten.

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