Dokument 
Die Groß-Industrie Oesterreichs : Festgabe zum glorreichen fünfzigjährigen Regierungs-Jubiläum seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I. dargebracht von den Industriellen Österreichs 1898 ; Sechster Band
Entstehung
Seite
121
Einzelbild herunterladen

Die Anwendung des Zinkes für die Zwecke der Hochätzung war schon 1822 angeregt;') doch benützte man in der Folge die Zinkplatten auch vielfach für Tiefdruck. Die naheliegende Idee, das Sene- feldersche Um druck verfahren für Zinkhochätzung zu verwenden, dürfte zuerst Blasius Höfel in Wien (1840) gehabt haben, welcher dieses Verfahren auch praktisch durchführte, 1842 der österreichischen Nationalbank anbot, ohne aber durchzudringen. Allerdings brachte Gillot in Paris 1850 die Zinkotypie auf eine höhere Stufe. Schüler Gillots brachten sein Verfahren mehr oder weniger klar zur weiteren Kenntnis. In Wien machten in der Hof- und Staatsdruckerei unter Hofrath Auer anfangs der Fünfzigerjahre sowohl Karl von Gissendorf als auch der Kupferdrucker Tomassich (1859 oder 1860) Versuche mit Aetzungen auf Zink, zunächst in Form von Chemigraphie (Handzeichnung und Umdruck auf Zink).

Der Maler und Photograph Karl Bapt. v. Szathmary, welcher einen Atlas für Rumänien unter dem Fürsten Cusa ausführte, an dem auch Carl Angerer, damals Zeichner und Techniker im Militär-geogra­phischen Institut, mitarbeitete, ist als einer der Ersten zu nennen, welche die Zinkographie in die Praxis einführten (1862). Die Originalplatten jenes Atlasses wurden mit Lithographie, die Farbenplatten in primi­tiver Weise in Zink hergestellt (mittelst Handarbeit mit Asphalt angelegt, bei Winternitz gedruckt). Die ersten gelungenen Photozinkotypien (mittelst Asphalt) in Oesterreich dürfte Gissendorf 1862 oder 1864 hergestellt haben. A. Knoblich (Factor der Staatsdruckerei) lernte das Verfahren durch Gissen­dorf und Tomassich kennen, gab 1865 die erste über Zinkotypie handelnde und damit illustrirte Broschüre 2 ) heraus und beschrieb das Verfahren.

Das weitaus grösste Verdienst um die Einführung und Vervollkommnung der Zinkotypie in Oester­reich hat Carl Angerer. Im Jahre 1865 oder 1866 wurde in Wien ein Modejournal, »Iris«, gegründet, welches von C. Angerer und Hugo Würbel, einem Schüler Gissendorfs, mittelst »Decalcographie« illustrirt wurde. Dieses Verfahren war einfach und gestattete Zeichnungen auf Zink ohne Presse herzustellen. (Die Zinkplatten wurden mit Graphit geschwärzt, mit weisser Gummi-Deckfarbe dünn überzogen, die Zeichnung eingeschabt, mit fetter Farbe und Benzin übergossen, mit Wasser behandelt, mit Asphalt gestaubt und angeschmolzen; dann wurde die Zeichnung eingeätzt). Das Journal hielt sich nicht; auch bei illustrirten Witzblättern fand die Zinkographie damals wenig Anklang. C. Angerer, welcher ein vorzüglicher Terrain­zeichner war, gieng ins Ausland, kam zu Gillot, kehrte (1869) nach Wien zurück, illustrirte das Witzblatt »Floh« (mit Klic als Zeichner), dann kamen andere Journale dazu. C. Angerer führte das granulirte Papier ein, und so erkämpfte sich, hauptsächlich durch C. Angerer, die Zinkätzerei in Oesterreich Schritt für Schritt das Terrain.

Die Zamarskische Druckerei in Wien (später Steyrermühl-Actiengesellschaft) befasste sich gleichfalls in den Sechzigerjahren mit Zinkätzung, welche Ad. Franz (1867) dort zum Zwecke der Herstellung von Werthpapieren versuchsweise eingeführt hatte; es folgte, da die Versuche gelungen waren, die Ausgabe von Actien, Pfandbriefen etc. Für die Kartographie wurde in Oesterreich die Zinkotypie zuerst 1868 für den Kozennschen Schulatlas verwendet, wofür Tomassich in guter Weise die Zinkcliches geätzt hatte, während der Druck bei Zamarski erfolgte; so kam also doch Höfels Idee, allerdings sehr spät, zum Durchbruche.

Die Photographie wurde zur Zinkätzung in den Siebzigerjahren mehr und mehr herangezogen, und zwar von Haack, Photograph auf der Landstrasse in Wien. Er machte die Negative für die im Jahre 1870 gegründete Firma Angerer & Göschl, und zwar seit dem Jahre 1873) Haack ätzte auch selbst, jedoch war sein Betrieb klein und wurde später aufgelassen, während Angerer seine später so berühmt gewordene Anstalt 1876 auch mit allen photographischen Behelfen ausstattete.

Den unzweifelhaft grössten Einfluss auf das Illustrationswesen errang die Photographie durch die Erfindung der Halbton-Clichds, welche in der Buchdruckerpresse zugleich mit den Lettern gedruckt werden konnten. Die in den Siebzigerjahren bekannten rein photographischen Methoden dieser Art waren unvollkommen, so dass man vorzog, auf sogenanntes »Kornpapier« mit umdruckfähigen Farben, fetter Kreide oder Tusche zu zeichnen und die Zeichnungen mechanisch auf Zink umzudrucken und zu ätzen. Solches Kornpapier wurde von der englischen Firma Maclure & Macdonald von London aus für lithographische Zwecke in den Handel gebracht (circa 1870). C. Angerer verbesserte das Kornpapier, und sein Verdienst ist es, die Kreide- und Schabmanier-Zeichnungen in den Buchdruck

*) S. Kampmann, Die graphischen Künste. 1898, Seite 72.

?) »Die Zinkographie in ihrer erweiterten praktischen Anwendung.« Von A. Knoblich; bei Ed. Sieger in Wien, 16 Seiten, sowie in der »Wochenschrift des Niederösterreichischen Gewerbeverei nes«, 29. Jänner 1865. S. 104.

16

Die Gross-Industrie. VI.

121