auch hierin einige Künstler, von denen wir z. B. nur den berühmten Joh. Nep. Geiger nennen wollen, zu hoher Meisterschaft gebracht. Dafür beherrscht aber die Federtechnik das Feld der mercantilen Litho­graphie, als deren hervorragendsten Meister wir Ferd. Wüst (d. Z. in Graz) nennen müssen.

Unaufhaltsam drängte-die ganze industrielle Entwickelung Europas die Lithographie, welche zum Glücke eine fast unerschöpfliche Gestaltungsgabe besitzt und sich allen Bedürfnissen anzupassen ver­mag, allmählich in neue Bahnen; die hohe Kunst musste zeitweilig wenigstens in der Litho­graphie zurückweichen und der »mercantilen Lithographie« Platz machen, welche sich in die Dienste des Handels und der Industrie stellte.

Für diese, den Massendruck ins Auge fassenden Arbeiten kommen neben der unentbehrlichen Federzeichnung hauptsächlich die Gravurmanier, sowie die durch den Bedarf hochausgebildeten Umdruck­verfahren in Betracht; aber auch auf diesem Gebiete hat sich der feine und künstlerische Geschmack des Oesterreichers bethätigt, wie dies die eigenartigen Arbeiten von Schipeck, Leop. Werner, Heinr. Mayer, Adolf Porsche zur Genüge beweisen.

Der Farbendruck vom Stein, in seiner Anwendung für kunstmercantile Arbeiten »Chromo­lithographie« genannt, erfuhr in Wien schon zu einer Zeit, bei hoher technischer Vollendung, vielfache Anwendung, als man anderen Orts noch kaum an dessen Ausführung dachte; so ist es in erster Linie der Maler-Lithograph Josef Lanzedelli sen., welcher bereits im Jahre 1819 den ersten grösseren litho­graphischen Farbendruck in neun Farben ausführte. Dieses Blatt, welches heute zu den seltensten und theuersten Inkunabeln zählt, stellt einen »Jahrmarkt in Siebenbürgen« dar; bei demselben brachte Lanze­delli auch schon die oben erwähnte Schabtechnik und die getuschte Manier in Anwendung. Gedruckt wurde dieses nach einem Aquarell angefertigte, aus zwei grossen Blättern bestehende farbige Bild in dem vom Grafen Pötting im Jahre 1817 gegründeten »Lithographischen Institut«. (In der graphischen Sammlung der k. k. Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt befinden sich mehrere Scalendrucke dieses interessanten frühzeitigen Farbendruckes.) Aber trotz dieser zeitlichen und vielversprechenden Anfänge erhält die Chromolithographie doch erst um die Mitte der Fünfzigerjahre ihre eigentliche Ausbildung.

Während anderwärts gewöhnliche Lithographen den Farbendruck ausführten, hat man es auch hier ebenso wie bei dem Wiener Schwarz-Kunstdruck der Mithilfe der Wiener Maler zu verdanken, dass der Farbendruck in künstlerischer Hinsicht den ersten Platz eingenommen hat. In dieser Hinsicht sind die Arbeiten des Maler-Lithographen Leopold Müller hervorragend; auf voller Höhe stehen diejenigen des akademischen Malers Anton Hartinger, welcher in Wien im Jahre 1845 den Farbensteindruck unter Mithilfe des bekannten Druckers Joh. Rauh ausführte. Hartinger trat später mit der k. k. Hof- und Staatsdruckerei in Verbindung, wo er unter dem Director Al. Auer die Chromolithographie einrichtete. Im Jahre 1851 errichtete Hartinger, welcher an der k. k. Hof- und Staatsdruckerei damals zu wenig Anerkennung und keine entsprechende Stellung fand, selbstständig eine Druckerei in Wien. Als Künstler, welche auf dem Gebiete der Chromolithographie in hervorragender Weise thätig waren, müssen hier noch genannt werden: Selleny, Seelos, Varrone, Schams, Marastoni, Pittner, Weixelgärtner, Grefe, Löffler, Weber, Libay, Horegschy, Ed. Kaiser, Friedrich von Schuster u. v. A.

Aber auch die Verdienste der Drucker müssen bei dieser schwierigen Technik gehörig gewürdigt werden', es haben sich auf dem Felde des Farbendruckes besonders folgende Firmen ausgezeichnet: Hartinger, Haupt, Hölzel, Gerasch, Paterno (Pölz), Reiffenstein, Rösch, k. k. Hof- und Staats­druckerei, Ed. Sieger, Zamarski, Gerhard, Zöller, S. Czeiger, Grefe, Fr. Kaiser, Eberle u. v. A.

Besondere Erwähnung verdienen die Versuchsarbeiten des Baron Ransonnet, welcher im Jahre 1875 gemeinsam mit dem Kunstdrucker Joh. Haupt höchst gelungene Farbendrucke in Tusch-, Wisch- und Schabmanier, in vier und auch in fünf Platten ausführte (es waren hiebei die drei Hauptfarben Gelb, Roth und Blau, sowie eine Schwarz- und eventuell eine Braunplatte in Anwendung). Diese treff­lichen Arbeiten sind als die Vorläufer des später ausgebildeten Dreifarbendruckes und Vierfarben­druckes zu betrachten. Proben dieser Art, sowie eine vollständige Scala der einzelnen Farbplatten be­finden sich in der Sammlung der k. k. Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt.

Ebenso ist hier zu erwähnen, dass der Maler und Chromolithograph Joh. Friedrich 1878 im Vereine mit Haupt sich grosse Mühe gab, den Farbendruck zu verbessern, indem er trachtete, an Stelle des bis dahin zumeist angewendeten Lasurfarbendruckes mit Deckfarben zu arbeiten und dadurch jene Tinten zu erzeugen, welche im Original enthalten, aber mit den Lasurfarben nicht zu erreichen

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