die Transportmöglichkeit für den Export zu schaffen, sondern oft auch bei dem Vorhandensein dieser Transportmöglichkeit über andere Wege, nur zu dem Zwecke, um dem Verkehre speciell den Weg über Triest zu weisen, in der Erwägung, dass die Sicherung ausreichender Transportmengen für den Bahnweg zu diesem Hafen die nothwendige Voraussetzung für die Herbeischaffung neuer Schiffsgelegenheiten bildet, welche hinsichtlich des überseeischen Verkehres dem augenblicklichen Bedarfe ebenso vorauseilen müssen, wie dies hinsichtlich des binnenländischen Verkehres durch die Eisenbahnen zu geschehen hat, wenn der heimische Export die sichere Grundlage für seine stetige Entwickelung gewinnen soll.

Wenn von solchen Gesichtspunkten ausgehend, Frachtermässigungen gewährt werden, so ist es wohl einleuchtend, dass in denselben gar oft nur einseitige Zugeständnisse der Bahnen an die Interessenten zu erblicken sind und dass dieselben daher nicht blos der früher erwähnten Wechselwirkung ihr Entstehen verdanken. Denn wenn auch in manchen Fällen durch solche Ermässigungen thatsächlich neue Transporte für die Bahnanstalten gewonnen werden, so ergeben sich auf Grund derselben gar oft auch lediglich Verschiebungen, welche es mit sich bringen können, dass Transporte, welche bisher vielleicht auf längeren Strecken zu normalen Tarifen besorgt wurden, sodann nur kürzere Strecken zu gedrückten Frachtsätzen passiren. Ausserdem steigern alle diese Ermässigungsfälle die so oft beklagten Complicationen der Tarife, unter denen die Eisenbahnen nicht minder als die Verkehrsinteressenten leiden.

Schon die normalen Tarife für die Localverkehre bieten, vermöge des zur thunlichsten Aus­gleichung der eigenen Interessen der Bahnunternehmungen mit jenen der Verfrächter unentbehrlichen Werth-Classificationssystemes, die Quelle bedeutender Complicationen, zumal in Oesterreich, solange daselbst Staatsbahnen und Privatbahnen nebeneinander bestehen. Wenn dermalen auch bei diesem Neben- einanderbestehen von verschiedenen Systemen angehörigen Bahnen eine vollkommene Unificirung der Tarife nicht zu erzielen ist, so sind doch schon seit Langem die Bemühungen sowohl der Staatsbahnver­waltung als auch der Privatbahnen darauf gerichtet, wenigstens eine formelle Tarifeinheitlichkeit her­zustellen und zu erhalten und von derselben nur dann abzuweichen, wenn dies in Wahrung der zwischen den Staats- und Privatbahnen naturgemäss theilweise abweichenden Standpunkte unerlässlich ist.

Die Complicationen und Schwierigkeiten in den Localtarifen potenziren sich selbstverständlich in den directen Tarifen für das Inland und Ausland, nachdem dieselben den die nothwendige Grundlage bildenden, von einander abweichenden Localtarifen der verschiedenen Bahnen Rechnung tragen müssen.

Dazu kommt nun noch das kunstvolle Gefüge der speciellen Bedürfnissen angepassten Fracht­ermässigungen, so dass thatsächlich die für die Verfrächter nothwendige Kenntnis der Tarife nicht zu unterschätzende Schwierigkeiten bietet. 1 )

Eine Beseitigung derselben wäre aber nur mit radicalen Mitteln, z. B. durch das Abgehen von dem Classificationssysteme und Ersetzung desselben durch Durchschnittstarife, welche naturgemäss den Werth der Güter ausser Betracht lassen müssten, möglich und würde in erster Linie das Fallenlassen aller Sonderbegünstigungen erheischen, ein Vorgang, der aber sicherlich nicht im Interesse der Verfrächter liegen und auch der hohen Aufgabe der Eisenbahnen nicht entsprechen würde.

In der unbestreitbaren Complication der Gütertarife liegt daher noch immer ein kleineres Uebel, als in der Erzielung von Vereinfachungen, wenn diese auf Kosten einer individualisirenden Tarifgestaltung erfolgen müssten.

Was die Höhe des Tarifniveaus der österreichischen Eisenbahnen im Vergleiche zu jenen der ausländischen Bahnen anbelangt, so lässt sich hier ein detaillirter Vergleich umsoweniger durchführen, als hiebei auf die Verschiedenheit der Tarifbestimmungen, namentlich der Classificationen in den ver­schiedenen Ländern reflectirt werden müsste. Nur so viel lässt sich sagen, dass im Grossen und Ganzen die Normal-Tarife der österreichischen Bahnen nicht ungünstiger sind, als jene der wichtigsten ausländischen Bahnen, und dass bei speciellen Frachtermässigungen vielfach weiter gegangen wird, als in den im internationalen Wettbewerbe mit uns stehenden Ländern. Dies gilt namentlich auch g-egfenüber den Tarifen im Deutschen Reiche, deren Construction sich überdies auch in Folge des abweichenden Systems wesentlich von den österreichischen Tarifen unterscheidet. Während nämlich die österreichischen

') Auch hier sprechen Ziffern eine deutliche Sprache. Ein Tarif wäre nur dann einfach und leicht verständlich, wenn aus demselben für jede mögliche Relation und jeden Artikel ohne weitere Combinationen der zur Zeit gütige Frachtsatz entnommen werden könnte.

Dass sich dieser Vorgang aus technischen Gründen nicht erzielen lässt, geht schon daraus hervor, dass wenn die blos in Oesterreich allein vorhandenen Stationsrelationen und die nur in der normalen Classification enthaltenen Positionen berücksichtigt werden, sich für die directen Verkehre der österreichischen Bahnen untereinander, daher mit Ausschluss der Localverkehre und des gesammten Auslands­verkehres, über 67,584.000 Tarifpositionen ergeben würden, die ein Buch in Octavform von 168.960 Seiten ergeben würden.

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