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Die Groß-Industrie Oesterreichs : Festgabe zum glorreichen fünfzigjährigen Regierungs-Jubiläum seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I. dargebracht von den Industriellen Österreichs 1898 ; Zweiter Band
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und darin liegt auch die Erklärung, warum die Schutzmarke, die Individualmarke, für diese Industrie eine so grosse Bedeutung hat; in manchen hochrenommirten, Jahrhunderte alten Schutzmarken ist der Fleiss und die Tüchtigkeit vieler Generationen der alten Gewerkenfamilien verkörpert.

Die Sensen-Industrie steht übrigens keineswegs auf einem veralteten Handwerksstandpunkt, sondern sie ist eine der wenigen Zweige der einst hochentwickelten österreichischen Kleineisen-Industrie, die sich durch eigene Kraft aus einem alten Handwerke in eine moderne fabriksmässige Industrie umzuwandeln vermochte, während fast alle anderen Zweige der in und um Steyr und Waidhofen ansässigen Kleineisen- Industrie, die sich mit Herstellung von Messern, Scheeren, Hacken, Beilen und Werkzeugen aller Art befassten, sich nicht zeitgemäss entwickelten, ja vielmehr grösstentheils zurückgegangen oder ganz ein­gegangen sind.

In den letzten Jahren erst hat durch die Einwirkung der k. k. Fachschule und Versuchsanstalt für Eisen- und Stahl-Industrie in Steyr die Messer-Industrie wieder einen erfreulichen Aufschwung genommen, sowie auch in Waidhofen a. d. Ybbs durch die von der Kaiser Franz Josef-Stiftung zur Hebung der niederösterreichischen Kleineisen-Industrie errichtete Lehrwerkstätte die Grundlage für eine moderne Werkzeugfabrication geschaffen wurde, und dort auch die in jeder Beziehung auf der Höhe der Zeit stehende grossartige Werkzeug- und Feilenfabrik «Böhlerwerk» neu erstand.

In den letzten 50 Jahren hat die österreichische Sensen-Industrie gar viele wechselvolle Schicksale und tiefgehende innere und äussere Wandlungen erlitten. Das Zeitalter der Erfindungen, die Entwicklung der technischen Hilfsmittel, des Maschinenwesens, der Verkehrsmittel, die auf allen Gebieten menschlichen Schaffens mehr und minder grosse Umwälzungen hervorriefen, haben auch die Sensen-Industrie vielfach berührt.

Vor 50 Jahren musste sich noch jeder Sensengewerke den Rohstahl selbst raffiniren, viele er­zeugten sich sogar den Rohstahl aus dem Roheisen selbst; heute wird der raffinirte Stahl von den grossen Stahlwerken bezogen. Der Arbeitsprocess ist im Uebrigen ziemlich gleich geblieben, er beruht heute noch hauptsächlich auf Handarbeit, es wurden jedoch für viele Handarbeiten bereits Maschinen ein­geführt und die bisher gebräuchlichen Maschinen, Motoren und sonstigen Einrichtungen modernisirt. Das Verhältnis zu den Arbeitern hat sich auch um einen Grad moderner gestaltet, anstatt der früher all­gemein üblichen Verköstigung und Verpflegung erhalten die Arbeiter jetzt nur Geldlohn.

Die Production ist in diesem Zeiträume wesentlich gestiegen. Ende der Vierzigerjahre erzeugten in Oesterreich: 160 Sensen werke per Jahr ungefähr 6,000.000 Sensen und Sicheln, im Jahre 1897 er­zeugten 80 Sensen- und Sichelwerke ca. 12,000.000 Sensen und Sicheln. Die Anzahl der Sensenwerke ist um die Hälfte gesunken, dagegen hat sich die Durchschnittsproduction der einzelnen Werke vervier­facht. Es finden in der Sensen-Industrie gegenwärtig ungefähr 3ooo Arbeiter Verwendung.

In den Absatzverhältnissen vollzogen sich nicht minder bedeutende Verschiebungen. Das einst sehr bedeutende Absatzgebiet Frankreich und Spanien gieng nahezu ganz verloren, Süddeutschland und Italien theilweise durch die in Frankreich und Deutschland neu entstandenen, grösstentheils mit öster­reichischen Arbeitern ins Leben gerufenen Sensenwerke. Der Osten und Südosten, Russland und die Balkanländer blieben den österreichischen Sensen treu, und die Entwicklung der landwirthschaftlichen Cultur in diesen Ländern hat auch den Ausfall in den westlichen Absatzgebieten wettgemacht. Der Absatz ins Ausland war aber infolge politischer Verhältnisse mannigfach gestört und sehr schwankend; so bewirkte ein zur Zeit des polnischen Aufstandes erlassenes Sensenausfuhrverbot und die Kriegsjahre ein zeitweises, nahezu vollständiges Stagniren der Sensenausfuhr, während anderseits das hohe Silberagio Ende der Fünfziger- und Anfangs der Sechzigerjahre die Sensen zu einem Gegenstände der Valuta- speculation machte; der dadurch entstandene grosse Begehr führte zu einer Ueberproduction, die später wieder empfindlich gebüsst werden musste.

Von der gesammten Production an Sensen und Sicheln in Oesterreich werden ca. 3 / 4 exportirt; der Export an Sensen und Sicheln ist in den letzten 50 Jahren im Verhältnis mit der Production bedeutend gestiegen.

In den Vierziger- und Fünfzigerjahren betrug die Ausfuhr an Sensen und Sicheln durchschnittlich per Jahr 18.00019.000 Im letzten Decennium (18881897) betrug

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