Feuilletons über Toiletten, scandalöse Liebesaffairen u. dergl. mehr zu finden und wundert sich, dass es Schriftsteller gibt-, welche nicht nur derlei Dingen ihre Zeit und Mühe opfern, sondern sogar so eitel sind, ihre Namen unter derlei geschmacklose Tratschereien zu setzen. Auch die Theaterkritik leidet darunter, dass jeder be­rufen zu sein glaubt, aesthetische Urtheile zu fällen. Man glaubt, wie es scheint, es gehöre zu einem kunstverständigen Kritiker nur der Besuch des Parterres und die Liaison mit einer Schau­spielerin. So ist leider allmählig die ganze Theaterkritik eine rein persönliche, durchaus nicht sachliche geworden, und die wenigen gründlich ästhetisch gebildeten Schriftsteller fühlen sich angewidert, das Wort zu ergreifen, während Unkenntniss und Un­fähigkeit durch ihr zudringliches Geschrei dominiren. l)r. Emil Kuh, der übrigens jetzt meist ausserhalb Wiens lebt, und Ludwig- Speidel haben als Kritiker sich bedeutenden Ruf erworben, auch ausserhalb Oesterreich. Beide sind Männer von umfassender und gründlicher Bildung und gewiegtem, richtigem Urtheile. Kuhs Leistungen als Essayist gehören der Literaturgeschichte an. Von Musikreferenten besitzt Wien in Hanslick und Schelle zwei Kräfte von europäischem Ruf, denen Ambros sich würdig zur Seite stellt. Ambros beschränkt seine Thätigkeit nicht allein auf die Musik, er ist auch ein schwer gelehrter Kunstverständiger auf dem Gebiet der Malerei, der Sculptur und Architektur.

Die Entwicklung der österreichischen, speciell der wienerischen Zeitungspresse zur bedeutenden, weit über die Grenzen Oester­reichs hinaus Einfluss ausübenden Macht datirt erst seit dem Jahre 1848. Vor dem Jahre 1848 waren die amtlicheWiener Zeitung 14 und Bäuerle'sTheaterzeitung die einzigen Organe, welche einige Beachtung verdienten. Zang mit der von ihm ge­gründetenPresse war es, der in der Entwicklung des öster­reichischen Zeitungswesens Epoche machte. Er drückte mit seiner Presse den österreichischen Zeitungen ihren eigenthümlichen Charakter auf, der sie noch heute von allen andern deutschen Blättern specitisch unterscheidet. Sollen wir diesen Charakter