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An Witzblättern Hat Wien keinen Mangel. Bcrg’s „Kikeriki“ und Sitter’s „Figaro“, als die beiden ältesten Blätter dieses Genres, erfreuen sieh der grössten Verbreitung. Sie sind die klassisehen Vertreter des mehr harmlosen als scharfen Wiener Witzes. Nach Art des Pariser „.Journal amüsant“ sind der „Floh“ und die „Bombe“ redigirt. Der erstere cultivirt vorwiegend Carricaturen der speci tisch wienerischen Typen (Bezirksberger, Studiosus Buhns u. s. w.), während die „Bombe“, vielleicht mehr als es sieh mit dem guten Geschmack verträgt, der Demi munde ihre Aufmerksamkeit schenkt. Eine wienerische Specialität ist Langer’s „Hans-Jörgel“, eine Art gemiithlicher Velime, welche im wienerischen Dialekt die Schwächen und Fehler von Stadt und Land rügt und für Aufklärung und Verbreitung gesunder Ansichten sehr verdienstvoll gewirkt hat, wenn auch jetzt die Zeit bereits den Hans-Jörgel längst überholte.
Sonst erscheinen noch für alle Fächer der menschlichen Thätigkeit besondere Fachblätter, welche alle aufzuführen, unsern Raum weit überschreiten würde.
Die Musik selber tindet in Wien ihre wahre eigenthümliche Heimat. London versammelt wohl grossartige Kräfte in Production und Darstellung, Paris macht so zu sagen die Mode, aber Wien hat alte musikheilige Häuser und alte historische Winkel, welche immer wieder den Musiker, den Sänger anziehen, und in deren Atmosphäre immer wieder neue Inspirationen entstehen und echte junge Kräfte sich entfalten.
Die Leiter und Lenker der Wiener Musikphasen, Musikrichtungen und Musikleistungen sind wohl die Herren Herbeck, Hel 1 mesberger und in anderem Genre die Brüder Strauss.
Herbeck, vorzüglich als Dirigent, von reinstem musikalischem Geschmaeke, und ein gründlicher Kenner aller äussern Toneffecte sowohl wie alles inneren Werthes des Musikstückes, ist eine kostbare Specialität.
Hell mesberger ist ebenso musikgelebrt, aber selber mehr Artist; voll Schwärmerei für die Kunst, voll inniger echtester Begeisterung für jedes innige, echte Tonwerk.