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Nepomuk dev Bedeutendere. Er ist Meister in der historischen Coneeption, und seine grossen Lutherbilder in Pest sind allein schon genügend, seinen Namen unvergänglich zu machen in der Kunstgeschichte; vor allem ist sein verurtheilter Huss Vielen lieber als Lessing's Effektbild. Er arbeitet jetzt an einer Grillparzer Gallerie. Alle würdigen Vertreter der schonen Künste in Wien zu nennen, ist unmöglich in einem kurzen Ueberblicke.

Der fremdländische Besucher der Weltausstellung wird alle die hier genannten kennen und lieben lernen, ln Farben, Tönen und Gestaltungskraft werden unsere besten Geister ihr Bestes bieten den (iästen unseres Vaterlandes; waren es ja doch schon im Alter- tliume die Musen, welche jeden Gastfreund des Zeus an den Pforten des Olymps empfingen.

Wenn Wien in allen schönen Künsten eben nur ltivale ist 1 und sein kann mit andern Residenzen, so hat es eine Kunst und eine Künstlerin, mit welcher es einzig dasteht in der ganzen Welt. Diese Kunst ist die photografisch treue Wiedergabe der Blume durch Stolle,und diese Künstlerin ist die Gräfin PaulineBaudissin.

Die Blumen der Gräfin sind in der That Dichtungen; jeder Strauss von solchen Blumen ist ein Märchen. Die Natur ist hier so täuschend nachgeahmt, dass man fast nur durch Befühlen die künst­liche Blume von der frischen unterscheidet.

Durch langes Studium hat Grälin Baudissin in ihrem chemischen Laboratorium die Mittel und die' Zusammensetzung ge­funden, wodurch sie dem feinsten papier chine die Biegsamkeit und die Fältelung des weichen Blumenblattes verleiht, ebensowohl die Transparenz der Farbe und den Glanz der Frische, wie auch der Schlaffheit und das Runzlingwerden des Welkens. Blumen zartester Natur, bei denen man nie an eine Möglichkeit der künst­lichen Wiedergabe gedacht hätte, sind der Blumengräfin ge hingen.

Man muss, wie sie, sein ganzes Leben hindurch im intimsten liebevollsten Verkehr mit der Bliithenschönheit der Natur gestanden sein, man muss wie sie jede Pflanze vom Entstehen bis zum Verfall

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