Da kam das Jahr 1848, und der Sturmwind, welcher von Frankreich ausgehend, Europa durchbrauste, fuhr reinigend und belebend durch Oesterreich und durch Wien. Wie mit einem Schlage war die harmlose und gemiithliche Kaiserstadt zu einem Haupt­platze der poetischen Bewegung umgestaltet. Eine kurze Zeit lang schien es, als ob Wien die politische Führerrolle in Mittel-Europa übernehmen wolle, die Ohnmacht des Frankfurter Parlaments, die particularistisch - preussische Politik, welche Berlin beherrschte, schienen im Herbste des Jahres 1848 Wien zum Schwerpunkte* in Deutschland werden zu lassen, ihm die Aufgabe zu übertragen, von den Ufern der Donau aus das neue freie deutsche Yolks- reich zu begründen.

Ein schöner Traum, der bald zerstört war; aber Eines rettete dennoch Wien aus dem grossen Schiffbruche des Jahres 1848. Es war der Mittelpunkt der politischen Bewegung in Oesterreich, der Schwerpunkt der Monarchie geworden, und blieb es. Daran konnte selbst die auf 1848 und 1849 folgende Zeit der Reaction und des Concordats nichts ändern, und als nach den Schicksalsschlägen, welche Oesterreich im Jahre 1859 trafen, das Verfassungsleben im Kaiserstaate wieder erwachte, concentiirten sich in Wien wieder alle bewegenden und belebenden Kräfte der Monarchie.

Mit überraschender Schnelligkeit entwickelte sich seit dein Jahre 1800 die Stadt und das öffentliche Leben in ihr. Die Huld und das Wohlwollen Sr. Majestät des Kaisers Franz Josef I., Hessen die Basteien und Glacis, diesen beengenden Rundgürtel der inneren Stadt verschwinden und in glänzenden Strassen, Pallast an Pallast gereiht, erstand Neu Wien.

Traf im Jahre 18f>G noch einmal Oesterreich schwer die Hand des Unglücks, musste es damals seine Stellung in Italien und Deutschland aufgeben, so sorgte die weise Politik des Mo­narchen dafür, dass nunmehr die Zeit des inneren Friedens, des freien Verfassungslebens, des wirtschaftlichen Aufschwunges begann. Und von jenem Zeitpunkte ab, von dem Jahre