des industriellen amerikanischen Lebens darstellt, technisch auf einer sehr hohen Stufe steht, in den natür­lichen Gasquellen ein billiges Feuerungsmaterial zur Verfügung hat, und die bereits eine Gross-Industrie ersten Ranges geworden ist. Nach Frankreich ist ein Export von Oesterreich aus nur in ganz be­schränktem Maasse möglich, da die altberühmte französische Industrie auf Grund der ihr eingeräumten Zollsätze vor fremdem Mitbewerb ziemlich sicher ist. Auch in Spanien und Portugal hat in den letzten Jahren die einheimische Glas-Industrie wesentlich an Bedeutung gewonnen.

Zum grössten Concurrenten auf dem Weltmärkte hat sich jedoch die deutsche Industrie emporgeschwungen, neben welcher noch die belgische maassgebend ist. Die Entwicklung der deutschen Glas-Industrie überflügelt bei Weitem die der österreichischen. Während der letzten 25 Jahre hat Deutschland seinen Glasexport fast verdreifacht, es exportirt jetzt ebenso viel wie Oesterreich und hat einen bedeutend grösseren inländischen Consum.

Der Werth der deutschen Glasproduction kann gegenwärtig mit 120,000.000 Mark veranschlagt werden, ist demnach schon jetzt wesentlich höher wie in Oesterreich. Auch das kleine Belgien, das allein um über 50 Millionen Francs Glaswaare exportirt und bisher nur in Tafel- und Spiegelglas den 'Weltmarkt beherrschte, beginnt ebenfalls in anderen Artikeln der österreichischen Industrie scharfe Con- currenz zu bereiten.

Die Productionsbedingungen Deutschlands und Belgiens sind wesentlich günstigere wie die öster­reichischen. Wir haben bereits ausgeführt, welch schwerer Nachtheil für die österreichische Glas-Industrie darin gelegen ist, dass sie den Sand, das Hauptmaterial für alle besseren Hohlglaswaaren, aus Deutsch­land beziehen muss; ebenso sind Soda, Glaubersalz, Feldspath, Braunstein, Zinkweiss und eine Reihe anderer zur Glasfabrication nothwendigen Materialien in Deutschland wesentlich billiger. Für den Export stehen ferner Deutschland die Wasserstrassen des Rheins, der Elbe, der Weser und der Oder zur Verfügung, die Rotterdam, Hamburg, Bremen und Stettin zu wichtigen Ausfuhrhäfen der deutschen Glas­industrie gemacht haben. Auch Belgien hat in seinen an Kohlen bester Qualität so reichen Lagern und in der Nähe zum Meere eine sichere Grundlage für den Bestand seiner Glas-Industrie, für welche Ant­werpen der Hauptausfuhrhafen ist. Dass die österreichische Flaschenglas- und Fensterglas-Industrie nur durch Zollschutz selbst auf dem heimischen Markte sich der deutschen und belgischen Concurrenz er­wehren kann, wurde bereits erwähnt; ein Export in diesen Artikeln ist nur im bescheidensten Umfange möglich; dasselbe gilt auch vom gepressten Glase und von dem ganzen Gebiete des gewöhnlichen weissen Hohlglases.

Die Stärke des österreichischen Glasexportes beruht auf dem raffinirten, dem geschliffenen, ge­malten, vergoldeten oder versilberten, sowie dem gefärbten Glase. Doch auch hier wird die Concurrenz von Jahr zu Jahr schwieriger, und wenn nicht in den Transportverhältnissen durch Schaffung billiger Wasserstrassen, sowie durch andere Maassnahmen, wie Ermässigung des Sodazolles, der dieses wichtige Material der Glas-Industrie sehr vertheuert und ein sie bedrückendes Sodacartell zeitigte, ferner durch Verbilligung der Sandfrachten der Glas-Industrie eine Unterstützung zu Theil wird, so ist die Prognose für ihre Zukunft keine günstige. Nur die persönliche Tüchtigkeit der österreichischen Glas-Industriellen, sowie .die auf Jahrhunderte alter Tradition beruhende Fertigkeit des heimischen Glasarbeiters haben bisher vermocht, trotz dieser mannigfachen ungünstigen Verhältnisse den österreichischen Glasexport aufrecht zu erhalten, doch ist nicht zu verkennen, dass beide Theile, sowohl Fabrikanten wie Arbeiter, an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angelangt sind.

Hoffen wir, dass die Gefahren, die für den österreichischen Glasexport und mit ihm für die Glas­industrie Oesterreichs überhaupt bestehen, in ihrer vollen Tragweite erkannt werden und wir nicht das Schauspiel erleben, dass diese Industrie, die eine so glänzende Rolle in der Geschichte der vaterländischen Volkswirthschaft spielte, wegen Mangel an Hilfe zur rechten Zeit der Ungunst der äusseren Verhältnisse erliegt.

ns

Die Gross-Industrie. II.

137