Mit der in den letzten zehn Jahren zu ungeahnter Entwicklung gelangten Verwendung der Elek- tricität hat sich der Kupferverbrauch ganz ausserordentlich vermehrt. War schon früher der Bedarf an Kupferdraht zu Leitungen ein grosser, so hat er sich durch die Einführung und stetige Verallgemeinerung der elektrischen Beleuchtung, der elektrischen Kraftübertragung, des Telephonwesens, sowie auch des elektrischen Bahnbetriebes ins Riesenhafte gesteigert. Seiner Reinheit wegen eignet sich am besten Draht hiezu, welcher aus Elektrolytkupfer erzeugt wird, eine neue Kupfersorte, welche ebenfalls erst seit der Einführung der Elektricität in der Metallurgie und speciell zur Kupfergewinnung besteht. Oesterreich ist bezüglich dieses Materials fast ausschliesslich auf den Import angewiesen, da das elektrolytische Verfahren derzeit nur in Witkowitz und in der Aerarialhütte zu Brixlegg ausgeübt wird. Der Erzeugung von Leitungsdrähten haben sich die meisten Kupferwerke zugewandt, was allerdings eine starke Con- currenz und sehr gedrückte Preise zur Folge hat; für die Fabrication von Leitungskabeln, welche zuerst von Jacottet & Co. hierlands erzeugt wurden, sind besonders Felten und Guilleaume, Siemens & Halske, die Kabelfabriks-Actiengesellschaft vorm. Otto Bondy, Brüder Demuth, Josef Feiler, Otto Steiner u. A. als leistungsfähig zu nennen.
Mit der Fabrication ganz dünner Kupferdrähte zu Gespinnsten, für welche sehr vollkommene, mit Korund-, Rubin- und selbst Diamantlöchern versehene Drahtzüge bestehen, beschäftigen sich die meisten Messingwerke, darunter namentlich Cornides & Comp., die Metallfabrik in Oed vorm. Gebrüder Rosthorn, F. A. Lange, August Schnell in Gutenstein etc. Schliesslich sei noch des Blattkupfers erwähnt, mit dessen Erzeugung sich die Metallschlägereien von C. Falk & Co., Joh. Geissler & Sohn, Georg Hirschl’s Söhne u. A. befassen.
Blei.
Unter den bleiproducirenden Ländern nimmt Oesterreich vermöge der Menge und der Qualität des erzeugten Bleies eine hervorragende Stellung ein. Das Villacher Blei hat Jahrhunderte lang einen ausgezeichneten Ruf auf allen Metallmärkten genossen, der bis heute in dem Bleiberger Blei fortlebt; das Pribramer Blei erfreut sich eines nicht minder bevorzugten Namens. Trotz des hohen Alters unseres Bleibergbaues ist die Ergiebigkeit der unausgesetzt im Betriebe gebliebenen Werke nicht zurückgegangen, sie hat sich vielmehr, dank der weisen Ausnützung der auf geologischem und bergtechnischem Gebiete erzielten Fortschritte, stetig und so namhaft erhöht, dass die Bleiproduction Oesterreichs innerhalb der letzten fünf Jahrzehnte von 40.000 g allmälig auf 80.000 q, im Jahre 1896 sogar auf 97.675 q gestiegen ist. Einen grossen Antheil an diesem Erfolge nimmt das Staatswerk Pribram, das sich in dieser Zeit zu einer grossartigen Bergwerksanlage mit mustergiltigen Einrichtungen ausgestaltet hat und sich überdies rühmen darf, das Erz aus den tiefsten Schächten der Welt herauszufördern, da bereits 3 der dort bestehenden i 3 Schächte über 1000 m hinabreichen («Adalbert» 1117*4 m, «Maria» ii26'i m, «Franz Josef» ioo7‘9 m )- Würden 7 Stephansthürme einer über den anderen gestellt, der Adler, das höchste Wahrzeichen der Stadt Wien, würde noch nicht über die Mündung eines dieser Schächte hervorragen. Durch das Anhalten der Erzführung in diesen grossen Tiefen veranlasst, haben sich die Schächte so productiv erwiesen, dass die Gewinnung bleiischer Producte in Pribram, welche in den Fünfzigerjahren nur 8000—io.ooo q betrug, auf heutige 40.000 q angewachsen ist. Nicht minder erfolgreich ist der Bleibergbau in Kärnten fortgesetzt betrieben worden, wo in den Jahren 1868—1870 eine Anzahl privater und ärarischer Bergbaue zu einem organischen Ganzen in der Bleiberger Bergwerks-Union vereinigt wurde und die Verbindung dieser grossen Bergbauunternehmung mit den Bleiwaarenfabriken in Villach erfolgte.
Auf die von altersher üblichen Verwendungsweisen beschränkt, reichte die Bleiproduction der hier genannten und vieler anderer in Böhmen, Mähren, Galizien, Kärnten, Tirol (und Ungarn) betriebenen Bergwerke anfangs reichlich aus, den Bedarf der österreichischen Bleiwaarenfabriken zu decken. Mit der Verarbeitung des Bleies beschäftigten sich damals nur wenige primitiv eingerichtete Fabriken, wie jene des Peter Ritter von Boor in Kottingbrunn (desselben, der in dem seinerzeit grosses Aufsehen erregenden Processe als Banknotenfälscher 1846 verurtheilt wurde), jene des J. B. Egger in Villach, jene der Maria Neubarth in Wien u. A.; in der letztgenannten Anlage wurde das Bleiwalzwerk mit Hand- und Schwungrad betrieben. Es war aber dem Blei eine grosse Rolle zugedacht, und der Erste, der dies mit weit-
332