Oesterreich ist nach beiden Richtungen hin nicht zurückgeblieben, denn von jährlichen 60008000 q, welche im Durchschnitte bis Mitte unseres Jahrhunderts erzeugt wurden, ist die Zinkproduction nach und nach bis auf gegenwärtig 70.000 q gestiegen. Anfangs betheiligten sich daran mehrere kleinere Zink­hütten in Steiermark, Tirol, Kärnten und Galizien, darunter als die bedeutenderen die Kuschelsche Zink­hütte in Johannisthal, jene der Gewerkschaft am Savestrome in Krain (und jene zu Ivanec in Croatien). Von diesen wurden im Laufe der Zeit mehrere aufgelassen, während dafür grosse, nach modernen Prin- cipien erbaute Zinkhütten entstanden. Gegenwärtig zählt Oesterreich fünf solche Hütten, nämlich die Aerarialhütte in Cilli, die Zinkhütte der Trifailer Kohlengewerkschaft in Sagor, die gräflich Potockische Zinkhütte in Siersza, die Zinkhütte der Breslauer Firma Hugo Löbbecke in Niedzieliska, endlich die 1894 eröffnete Marienhütte der Ersten böhmischen Zinkbergbau- und Hüttengesellschaft in Merklin bei Mies in Böhmen. Noch besitzt Dr. Lowitsch, früher Melzer & Mandelbaum in Trzebinia, ein Zink­schmelzwerk, welches aber hier nur genannt werden mag, weil es sich vorwiegend auf Reduction von Schlacken und Zinkaschen zu metallischem Zink beschränkt.

Aber weder das aus den früher betriebenen, noch das aus den jetzt bestehenden grossen Hütten hervorgehende Zink reichte und reicht auch nur annähernd zur Deckung des Bedarfes der Industrie hin. Dieselbe war daher schon anfangs zum Theile auf den Bezug fremden Zinkes angewiesen, der sich freilich früher nur auf 2000 q im Jahre beschränkte; mit ihrer stetigen Entwicklung hat sich aber auch der Import ganz enorm gesteigert; er betrug in den Siebzigerjahren 50.00060.000 q, in den Achtziger­jahren 100.000 120.000 g und stellt sich jetzt auf 150.000160.000 g Zink per Jahr, welches zumeist aus Deutschland eingeführt wird. Bemerkenswerth ist es, dass diese Zunahme von Production und Consum, wie die angeführten Ziffern erweisen, sozusagen sprungweise eingetreten ist, eine Erscheinung, die ihre Erklärung in der Einführung immer neuer Verwendungsarten des zu Blech ausgewalzten Zinkes findet. Ursprünglich waren es Küchengeräthe und Gebrauchsgegenstände aus Zinkblech, kleine Wannen, ge­stanzte und gepresste Ornamente, welche, aus Preussisch-Schlesien importirt, bald einen guten Markt in Oesterreich gewannen. Dort war zu allererst die grosse Wichtigkeit des gewalzten Zinkes für die Metall- waaren-Industrie erkannt worden, und da dessen Darstellung alsbald im grossen Maasstabe in Angriff genommen wurde, der Zinkblechverbrauch zu Küchengeräthen und Haushaltungsgegenständen aber für die in Aussicht genommene Production ein verhältnismässig viel zu geringer war, so wurden alle An­strengungen gemacht, durch die Einführung neuer Verwendungsarten dem Zinkblech ein möglichst grosses Absatzgebiet zu eröffnen. Insbesondere war das Augenmerk der in Preussisch-Schlesien neuerrichteten AA^alzwerke auf das Baugewerbe gerichtet, wobei ihre Bemühungen vor allem Anderen darauf abzielten, das Zinkblech als Bedachungsmaterial einzuführen; sie entsandten zu diesem Zwecke nach allen Ländern, also zunächst auch in das benachbarte Oesterreich, technisch geschulte Beamte und trachteten durch Verbreitung einer instructiv abgefassten Literatur für das Zinkblech die denkbar wirksamste Propaganda zu machen. Die anfänglichen Vorurtheile gegen dessen Verwendung zu Bedachungszwecken schwanden denn auch sehr bald, und das Zinkblech hielt unter Zuthun hervorragender heimischer Firmen, wie Ludwig Kuschel, F. P. Lechner, Alfred v. Lindheim in Oesterreich einen sozusagen triumphalen Einzug. Ge- wissermaassen bahnbrechend war diesfalls die Niederlassung des von der schlesischen Actiengesellschaft für Bergbau- und Zinkhüttenbetrieb nach Wien entsendeten Ingenieurs C. Diener, der im Vereine mit seinen AAArkmeistern Rud. Geburth und W. Th. Burckhardt (welche beide später bis auf den heutigen Tag blühende Fabriksetablissements in Wien gründeten) wahrhaft Erstaunliches leistete. Aber auch die früher bestehenden ersten Meister des Spänglergewerbes, wie Joh. Schlerka, Peter Hassfurther, Jos. Russ- leitner, Heinrich Lefnär, Johann Führer, Friedrich Schober, Vincenz Wenzl, Franz Marouschek, Samuel Kaschka u. A. blieben nicht unthätig und konnten sich bald ohne fremde Beihilfe auf selbstgeschaffenen vervollkommneten Bahnen bewegen. Begünstigt wurden sie in ihren Bemühungen durch die rege Bau- thätigkeit, welche sich nach dem Falle der Umfassungsmauern in den nach Erweiterung strebenden Städten überall entwickelte, sowie durch den Bau der vielen neuen Eisenbahnen, bei welchen dem Zink­blech eine wichtige Rolle zufiel. Von grossem Einflüsse war auch die AVeltausstellung 1873, deren weit­läufige und kolossale Gebäude sämmtlich mit Zinkblech eingedeckt wurden. Bei dieser Gelegenheit leistete die erwähnte Firma C. Diener wahrhaft Erstaunliches, indem sie innerhalb einer überaus knapp

335