mit den erstgenannten Bestrebungen parallel. Am zaghaftesten verhielt man sich lange bezüglich der Seide, wie denn auch leicht erklärlich ist, dass das kostbarste und feinste aller Webematerialien sich am sprödesten verhielt, indem es die höchsten Ansprüche an die Stuhlconstruction für mechanischen Betrieb stellte. Um so höher muss es daher angeschlagen werden, dass diese Bemühungen, mechanische Seidenwebstühle zu bauen, gerade in Oesterreich zuerst greifbare Gestalt gewannen, da bereits im Jahre 1816 Th. Bischof und G. Hornbostel ein Privilegium auf Seidenwebstühle erhielten, die durch Wasserkraft Antrieb empfingen. Und zwar war dies keineswegs ein Patent, das auf dem Papiere blieb, sondern im Gegentheil, die Stühle wurden sofort zur wirklichen Fabrication herangezogen und die Fabrik in Leobersdorf wurde mit ihnen eingerichtet. Diese mechanischen Seidenwebstühle waren beinahe ganz aus Holz gebaut, selbst Antriebs­scheiben und Zahnräder aus Holz construirt. Sie lehnten sich in der Bauart an die bisher in der Seiden­weberei verwendeten Handwebstühle an. Die Bewegung der Lade, die eine Stehlade war, geschah durch Excenter, der Schlag erfolgte durch Rollenkurbeln und Excenterhebel, die Schaftbewegung durch eine über dem Stuhl befindliche, hölzerne Schaftmaschine. Diese Seidenstühle functionirten, so äusserst unvoll­kommen ihre Ausführung auch war, so vorzüglich, dass sie beinahe 70 Jahre im Betriebe standen, ohne dass wesentliche Veränderungen an ihnen vorgenommen wurden. Man muss jedoch heute sagen: »leider«, denn anstatt dass jene Stühle einem intelligenten Webstuhlbauer Anregung zum Baue eiserner mechanischer Seidenwebstühle gegeben hätten und hiedurch die Ursache zur Entstehung einer sie erzeugenden Maschinen­industrie geworden wären, kümmerte sich um diese mechanischen Seidenwebstühle in Leobersdorf kein Mensch, weder Fachmann noch Laie, und unser Vaterland zog aus der Thatsache, in dieser Beziehung an der Spitze der Culturnationen geschritten zu sein, nicht den geringsten Nutzen. Ja im Gegentheile! Während der Bau mechanischer Baumwoll- und Wollstühle doch zu wiederholten Malen im Laufe des Jahrhunderts angeregt wurde und schliesslich auch ganz ausgezeichnete Bethätigung fand, blieb das Privilegium Hornbostels vollständig vereinzelt und wurde der Bau mechanischer Seidenstühle in Oesterreich erst vor ungefähr 10 bis 15 Jahren, und zwar nach fremden, hauptsächlich Schweizer und französischen Vorbildern wieder in Angriff genommen. Heute bauen namentlich A. Hohlbaum & Co. in Jägerndorf und Otto Müller in Harzdorf derartige Stühle nach System Honegger, Ersterer auch solche nach System Diederichs.

Was die mechanischen Baumwollstühle anbelangt, so gelangte deren Construction frühzeitig in England zu äusserst hoher Vollkommenheit; dieselben stellen heute in ihren Haupttheilen derartig durch­dachte Musterstühle dar, dass die meisten Fabriken des Continents sie einfach nachbauen und nur in Details verändern. Die diesbezüglichen Ausführungen der österreichischen Fabriken, als welche neben den beiden schon genannten die lannwalder Maschinenfabrik, ferner die Nordböhmische Webstuhl­fabrik C. A. Roscher in Georgwalde genannt zu werden verdienen, zeichnen sich durch überaus solide Ausführung, grösste Stabilität, vorzüglichen Guss und exactes Functioniren aller Theile aus. A. Hohlbaum in Jägerndorf construirte im Jahre 1885 einen Schützenwechsel, der selbst im Mutterlande des Webstuhl­baues, in England, vollste Anerkennung fand. H. Wenzel und J. Herbst ersannen 1892 eine Schaftmaschine, welche, indem sie ein verschiebbares Nadelbrett besitzt, eine ganz ausserordentliche Kartenersparniss, namentlich bei quergestreiften Waaren erlaubt; J. Preissler in Grottau construirte 1886 eine Doppelhub- Schaftmaschine für raschlaufende Stühle und 0 . Müller in Harzdorf nahm 1895 ein Patent auf eine Schaftmaschine nach Hattersleyscher Bauart mit zwei Musterkartenprismen. Kraus und Stübchen- Kirchner construirten 1896 eine zwangsläufige Hoch- und Tief-Schrägfachschaftmaschine, welche von der Firma A. Hohlbaum & Co. in Jägerndorf an deren mechanischen Webstühlen für Baumwoll-, Leinen-, Halbwoll- und Kammgarnstoffen Verwendung findet. Letztere Maschinenfabrik baut gegenwärtig auch einen mechanischen Damaststuhl eigenen Systems, sowie mechanische Webstühle mit Lappetstickerei- \ orrichtung. Die modernen, rasch laufenden Stuhlconstructionen werden behufs Hinderns des Heraus- fliegens des Schützens meist mit Schützenfängern ausgerüstet, von welchen ungemein zahlreiche Constructionen existiren. Als zu den besten gehörig müssen die Systeme Preissler und Kirchhof aus Grottau bei Reichenberg, sowie System Heintschel aus Heinersdorf in Böhmen bezeichnet werden, da sie den Veber in seinen Handgriffen in keiner Weise behindern und sicher functioniren. Noch einer Erfindung muss hier gedacht werden, um sie als österreichische zu reclamiren, da sie, wenn auch im Auslande ersonnen und von einer ausländischen Fabrik, nämlich der Maschinenfabrik Rüti, vormals Caspar Honegger in Rüti, ausgeführt, doch von einem gebürtigen Oesterreicher, nämlich Hofmann aus Asch, herrührt,