Kriege arg darnieder, bald aber, namentlich nach dem Wiener Congresse, folgte ein neuer, rascher Aufschwung zunächst der hauptstädtischen Industrie. An demselben nahm die Seiden-Industrie im Allgemeinen und auch die Firma »Georg Bujatti«, welche sich bald eine sehr angesehene Stellung in der Branche zu erringen verstand, hervor­ragenden Antheil.

In jene Zeit fällt auch die Geburt des Begründers der heutigen Firma, Franz Bujatti sen., welcher als jüngster Sohn Georg Bujattis am 7. August 1813 zu Wien das Licht der Welt erblickte. Die Persönlichkeit dieses aussergewöhnlichen Mannes ragt so mächtig in die unmittelbare Gegenwart hinein und seine schöpferische Thätigkeit ist so allgemein anerkannt, dass es wohl angebracht scheint, seinen Bildungs- und Werdegang eingehender zu verfolgen.

Franz Bujatti besuchte die Realschule, absolvirte die Commerz-Abtheilung am k. k. polytechnischen Institute und die Manufactur-Zeichenschule in Wien zur fachgemässen Ausbildung für den väterlichen Beruf. Schon im Jahre 1824 nahm ihn sein Vater »als Meisterssohn mit sechsjähriger Aufdingzeit« in seine Fabrik als Lehrling auf, um das gesammte Gewerbe praktisch am Webstuhle zu erlernen; 1830 zum Weihnachtsquartal wurde er nach vollendeter Lehrzeit bei der »Innung der Seidenzeug-, Sammt- und Dünntuchmacher Wiens« feierlich freigesprochen.

Franz Bujatti war ein mustergiltiger Lehrling und Geselle, da er seine Lehrjahre nebenbei nicht nur zu den eingehendsten Sprachstudien, sondern auch zur Erwerbung jener seltenen Allgemeinbildung benutzte, die ihm in späteren Jahren wesentlich zu seiner führenden, kaufmännischen Stellung verhalf. Das »Meisterrecht« erlangte der junge Bujatti erst 1835, natürlich nicht ohne nach damaligem strengen Zunftbrauch sein »Meisterstück« an­gefertigt zu haben. Verliehen wurde das »Meisterrecht« an Franz Bujatti nach Altwiener Gewerberecht von der Stiftsherrschaft Schotten, welche dazumal die Jurisdiction über die Vorstadt Schottenfeld ausübte und als solche dem jungen Bujatti das »Seidenzeugmacher-Gewerbe« verlieh. Thatsächlich war dieser jedoch schon seit 1830 als Mit-Chef in der väterlichen Fabrik thätig. Diejenigen, welche die ausserordentliche Rührigkeit, Regsamkeit und

Arbeitsfreudigkeit des Achtzigjährigen gekannt haben, mögen ermessen, mit welchem Feuereifer sich der Zwanzigjährige auf das Geschäft warf.

Die Fabrik nahm einen raschen Aufschwung, so dass schon Anfangs der Dreissigerjahre ehi eigenes weitläufiges Gebäude das noch heute der Firma Bujatti gehörige Familienhaus in der Zieglergasse Nr. 8 errichtet werden musste. Nächst der Ueberwachung und zweckmässigen Einrichtung dieses Fabriks-Neu­baues nahmen den jungen Fabrikanten damals insbesondere die Vorarbeiten für die Betheiligung der Firma an der ersten Wiener Industrie-Ausstellung in Anspruch. Dieselbe fand im Jahre 1835 in der grossen kaiserlichen Winter-Reitschule am Josefsplatze in Wien statt. Die Seidenabtheilung war sehr gut beschickt; neben den Wiener Manufacturen sah man die hervorragendsten Firmen aus Mailand und Como glänzend vertreten. Angesichts dieser Concurrenz darf die der Bujattischen Fabrik damals zu Theil gewordene Auszeichnung einer »ehrenvollen Erwähnung« um so höher angeschlagen werden.

An späteren Ausstellungen betheiligte sich Franz Bujatti bereits als alleiniger Chef der Firma, da er nach dem 1842 erfolgten Tode seines Vaters die Fabrik übernommen hatte. Jedesmal mit dem besten Erfolge. So 1845 in Wien, 1850 in Leipzig, 1851 in London, 1854 in München, 1855 in Paris.

In der planmässigen, unentwegten Betheiligung Franz Bujattis an den grossen internationalen Ausstellungs-Wettkämpfen der Industrie drückt sich aber eine umso bedeutendere Thatkraft aus, als die österreichische Seidenwaaren-Fabrication in den Fünfzigerjahren eine schwere Krise durchzumachen hatte.

Unter den Ersten, welche damals in neue Bahnen einlenkten, befand sich Franz Bujatti. Rasch ent­schlossen, verlegte er den Schwerpunkt seiner Fabrication nach der Provinz, zunächst nach Mährisch-Schönberg, wo er sogleich 600 Handstühle in Betrieb stellte, zum grössten Theile in den Arbeitssälen der eigenen Filialfabrik, dann aber auch in circa 40 Arbeiterwohnungen. Ueberdies miethete e'r auch in Blauda, Frankstadt und Deutsch- Liebau in Mähren grössere Gebäude, wo er weben liess.

Schon 1862 gelangten die ersten Schönberger Seidenwaaren-Erzeugnisse auf die Londoner Weltausstellung. Es waren Stoffe von ganz erlesener Schönheit und hohem kunstgewerblichen Werthe, welche Franz Bujatti damals für die Vitrinen seines Londoner Objectes zusamengestellt hatte und vor ihrer Absendung nach London noch zu einer reizenden Haus-Exposition in seinem Fabriksgebäude in der Zieglergasse vereinigte, welche so allgemeine Anerkennung fand, dass ihr auch der Allerhöchste Hof seine Aufmerksamkeit zu wendete und Seine Majestät Kaiser Franz Joseph am 7. April 1862 Allerhöchstpersönlich der Bujattischen Fabrik und Ausstellung in der Zieglergasse einen Besuch abstattete.

Die nächste Folge dieser hervorragenden Bethätigung industriellen Ehrgeizes war der höchst ehrenvolle Auftrag, den Franz Bujatti für die Ausstattung der königlichen Burg in Ofen mit decorativen Seidenstoffen erhielt. Auch die herrlichen Stoffe im Hof-Fest-Salon der k. k. Hofoper sind Schöpfungen Bujattis, dessen Künstlerschaft schliesslich auch durch die Verleihung des Franz Joseph-Ordens anerkannt wurde.

Ausgesprochene Kunstwerke sind die von Bujatti für die Pariser Weltausstellung hergestellten prachtvollen Panneaux, sowie die Damaststoffe für den Kaiserpavillon der Wiener Weltausstellung 1873, welche er später als preisgekrönte Objecte dem Oesterreichischen Museum für Kunst und Industrie widmete.

An seinem 60. Geburtstage wurde ihm von Seiner Majestät der Titel eines Hof-Seidenzeug-Fabrikanten verliehen.

Ein Jahr später überraschte er die Geschäftswelt durch die Begründung eines zweiten grossen Provinz- Etablissements, einer Filialfabrik zu Haskow bei Münchengrätz in Böhmen, welche er im grossen Stlye nicht nur

Franz Bujatti sen,

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