CARL HETZER & SÖHNE

SEIDENBAND- UND PELUCHE-FABRIK WIENGROSS-SIEGHARTS.

er Begründer obgenannter Firma war Carl Johann Hetzer, der als Webergeselle in den Zwanziger­jahren aus Thüringen nach Wien einwanderte. Nachdem er sich bis 1852 mit der Erzeugung von Shawl- tüchern befasst und durch Fleiss, Verständnis und Sparsamkeit einen massigen Wohlstand erworben hatte, brachte er in diesem Jahre ein kleines, einem gewissen Kersevany gehöriges Bandfabriksgeschäft käuflich an sich, das mit zehn Stühlen arbeitete und hauptsächlich Männerhutbänder erzeugte. Seine beiden Söhne Adolf und Carl, von denen der Letztere derzeit noch in der Firma thätig ist, standen ihm als Mit­arbeiter zur Seite und wurden 1858 als öffentliche Gesellschafter in das Geschäft aufgenommen und die Firma »Carl Hetzer & Söhne« protokollirt.

Schritt für Schritt entwickelte sich das kleine Unternehmen und bald musste, mit Rücksicht auf die veränderten Productionsbedingungen, daran geschritten werden, die Fabrik nach einem Orte ausserhalb Wiens zu verlegen. Als Betriebsort wurde der Marktflecken Gross-Siegharts in Niederösterreich gewählt, der im Waldviertel, dem soge­nannten »Bandlkramerland«, gelegen, Gewähr bieten konnte für die nöthigen vorgeschulten Arbeitskräfte. Nieder­lage und Comptoir verblieben in Wien, VI., Millergasse Nr. 9.

Im Jahre 1861 zog sich Herr Carl Johann Hetzer aus dem Geschäfte zurück und sein jüngster Sohn Heinrich trat als öffentlicher Gesellschafter in die Firma. Der Begründer der Firma bewahrte, wenn auch nicht mehr direct betheiligt, dem Unternehmen doch seine regste Theilnahme bis zu seinem 1865 erfolgten Ableben.

1870 führte die Firma die Erzeugung von Sammtbändern auf mechanischem Wege ein, ein Productions- zweig, welcher bis dahin in Oesterreich und Deutschland vollkommen neu war, und vergrösserte 1872 das Unternehmen durch Ankauf der Senfelderschen Modeband-und Sammtfabrik in Dietmanns bei Gross-Siegharts unter gleichzeitiger Einführung des mechanischen Betriebes.

Die Firma wurde bei allen Ausstellungen, an denen sie sich betheiligte, ausgezeichnet, ihre Chefs erhielten für Verdienste im Fabricationswesen den Franz Joseph-Orden und das Ritterkreuz der französischen Ehrenlegion.

Den Gesellschaftern der Firma, Adolf und Heinrich Hetzer, war es leider nicht vergönnt, ihre reichen Kräfte im Dienste des Unternehmens lange zu bethätigen und die Früchte ihrer Thätigkeit zu ernten, sie starben allzufrüh, 1883 und 1889, und so verblieb Carl Hetzer als alleiniger Chef.

Die dritte Generation war inzwischen herangewachsen. Nachdem sie sich im Geschäftsbetriebe als Procuristen erprobt hatten, nahm 1893 Herr Carl Hetzer sen. je einen Sohn der früheren drei Theilhaber der Fabriksfirma, die Herren Carl Josef, Carl Gustav und Heinrich Hetzer, als öffentliche Gesellschafter in die Firma auf. Das Unternehmen wurde neuerdings gefördert durch Ausbau der Fabrik in Dietmanns und Neubau eines grossen Shed- saales, wogegen die Fabrik in Gross-Siegharts aufgelassen wurde. Für die gesammte Anlage wurde gleichzeitig die elektrische Beleuchtung eingeführt.

Die Firma besitzt 300 mechanische Webstühle und beschäftigt derzeit 500 Arbeiter. Die Dampfanlage besteht aus 5 Kesseln mit zusammen 350 Quadratmetern Heizfläche und 3 Dampfmaschinen von zusammen 300 Pferdekräften.

Erzeugt werden ganz- und halbseidene Modebänder in glatten, façonnirten und brochirten Qualitäten, sowie Moirés in allen Ausführungen, ausserdem Peluches und Sammte für Confection, Möbel und für Nutz- und Galan­terie-Artikel.

Der Absatz der Erzeugnisse erfolgt zum Theile im Inlande, ferner nach dem Oriente, Deutschland, England und den überseeischen Ländern.

Vertretungen bestehen in allen europäischen Exportplätzen, in den grossen Handelsstädten des Balkans und der Levante, in Aegypten und den wichtigsten überseeischen Handelscentren.

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