FELIX REITERERS SÖHNE

SEIDENWAAREN- FABRIK

WIEN MÄHR.-SCHÖNBERG.

mmmL

m Jahre 1847 von Felix Reiterer sen. in bescheidenem Umfange begründet, wendete sich das Fabriksunternehmen zunächst der Westenstoff-Erzeugung zu, welche damals in grosser Blüthe war, da ganz schwere, seidene Westen sich grosser Beliebtheit erfreuten. Die Fabrication derartiger Westen, welche th eil weise nahezu Kunstwerke waren, die auf weissem Atlasgrunde sowohl längs der Brust, als auch am Rande der Westentaschen Brochirungen von Blumenguirlanden in 15 bis 20 und auch mehr Farben ausgeführt zeigten, stellte sowohl in Bezug auf die Jacquardstuhl-Vorrichtung als auch an den Arbeiter grosse Anforderungen. Diese Westen waren für die hochelegante Welt in der Stadt bestimmt; aber auch für den Land­bedarf erzeugte die Firma die nach verschiedenen Nationalitäten ebenso verschieden verlangten Dessinirungen in ge­blümten Männer-Sammtwesten, welches Fach sie zu einer Specialität entwickelte.

In den Fünfzigerjahren erweiterte die Firma ihre Fabrication, indem sie nun neben den Westenstoffen auch ganzseidene Tücher für den Stadt- wie für den Landbedarf erzeugte, sowie seidene Cravattenstoffe; letztere wurden damals nur in glatt schwarzen oder ganzseidenen schweren Atlasstoffen für grosse Herrencravatten-Formen, sowie auch für Militärcravatten verwendet.

Mit den im Laufe der Jahre wechselnden Moden wurden die seidenen, fa9onnirten Herrenwesten durch die Modegilets aus gleichen Tuchstoffen wie die Röcke verdrängt; auch die bäuerliche Bevölkerung schmiegte sich allmälig diesem Gebrauche an. Die Firma cultivirte fortan ausschliesslich die Fabrication von modernen glatten und fajonnirten Cravattenstoffen für Herren und später auch für Damen (Echarpes). Dank der guten und soliden Ausführung dieser Fabrikate, welche überdies auch guten Geschmack in Bezug auf Dessinirung und Farbenzusammen­stellung erforderten, war es möglich, schon in den Sechzigerjahren den Export derselben nach Deutschland, England, Belgien und Amerika anzubahnen und nicht nur im Inlande, sondern auch im Auslande sich einen guten Ruf zu erwerben.

Die Firma, welche zur Zeit ihrer Anfänge, als mechanische Webstühle für Seidenwaaren noch nicht existirten, ihre Fabrication nur mit Handstühlen betrieben hatte, war die erste in Oesterreich, welche schon Ende der Siebziger­jahre den mechanischen Betrieb für Seiden-Bunt Weberei einführte und Anfangs der Achtzigerjahre die noch nicht allgemein bekannten mechanischen Lancierstühle in Betrieb setzte.

1875 übergab der Senior der Firma, Herr Felix Reiterer, wegen vorgerückten Alters die Fabrik seinen beiden Söhnen Felix und Josef, welche solche sodann unter der handelsgerichtlich protokollirten Firma »Felix Reiterers Söhne« weiterführten.

Dieselben setzten die Fabrication von Cravattenstoffen als Specialartikel fort und erzielten in diesem Artikel einen namhaften Export in ganz- wie auch in halbseidenen Geweben. Namentlich der Absatz nach Amerika erreichte einen beträchtlichen Umfang, ja er machte in manchem Jahre nahezu ein Drittel der Gesammtsumme aus, welche in den officiellen handelsstatistischen Ausweisen für den Export der Seidenwaarenbranche Oesterreichs nach Amerika ausgewiesen erschien.

Der ältere Chef, Felix Reiterer jun., starb im Jahre 1876 und es blieb von da ab Josef Reiterer der Alleininhaber der Firma. Mit Rücksicht auf den wachsenden Umfang der Fabrik, die bis dahin in Atzgersdorf bei Wien etablirt war, sah sich dieser veranlasst, dieselbe nach Mähren zu verlegen und im Jahre 1880 ein ausge­dehntes, durchaus mechanisch eingerichtetes, mit vielen Wohlfahrtsinrichtungen versehenes neues Etablissement in Mährisch-Schönberg zu erbauen. In demselben sind 400 mechanische Seidenwebstühle neuester Constructionen theils amerikanischen, theils eigenen Systems im Betriebe; die Baupläne wurden vom Wiener Architekten Josef Hudetz entworfen, während die maschinellen Einrichtungen mit der Gesammtleistung von 100 Pferdekräften vom k. k. Hofrathe Edlen von Radinger durchgeführt wurden. Die elektrische Beleuchtungsanlage für 1000 Glüh­lampen wurde von der Firma Kremenezky, Mayer & Co. in Wien installirt.

Die Niederlage war von Anbeginn an in Wien und errichtete die Firma hiefür im Jahre 1889 ein eigenes Haus im VI. Bezirke, Amerlingstrasse 7. Vertretungen besitzt die Firma in New-York, London, Paris, Brüssel, Mailand, Berlin, Köln und Bukarest.

Bei den verschiedenen Ausstellungen erhielt die Firma folgende Auszeichnungen: Im Jahre 1865 in Linz die grosse silberne Preismedaille, 1873 bei der Weltausstellung in Wien die Verdienstmedaille, 1880 anlässlich der Ge­werbeausstellung in Wien das Ehrendiplom.

Als Mitarbeiter der Chefs wirken in deren Unternehmen die Herren Heinrich Weller als Procurist und Karl Fuchs als Fabriksdirector, welche beide bereits auf eine 25jährige Thütigkeit in dem Geschäfte zurückblicken.

45