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Die Groß-Industrie Oesterreichs : Festgabe zum glorreichen fünfzigjährigen Regierungs-Jubiläum seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I. dargebracht von den Industriellen Österreichs 1898 ; Vierter Band
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Bedarfes. Die gesammte Schafwollwaaren-Erzeugung der dem heutigen Gebiete Cisleithaniens entsprechenden Länder belief sich 1841 auf 57,779.000 fl., wovon rund 44V2 Millionen Gulden auf Tuche und gewalkte Stoffe entfielen.

Eine Specialität der Schafwollwaaren-Erzeugung hatte sich Wien in der Erzeugung von Shawl- tüchern gewonnen, in welcher es seit dem Jahre 1825 sich derartig in Kunstfertigkeit, Feinheit des Materials und Geschmack der Ausführung vervollkommnete, dass es mit dem Hauptsitze dieser Industrie, mit Paris, auf dem Weltmärkte zu concurriren und trotz der Zollschranken nach Italien, Deutschland und Nordamerika sich Absatz zu verschaffen wusste. Die Firmen Zeisel & Blümel, Reinhold und Berger waren in erster Linie zu nennen. 208 Schafwollweber erzeugten im Jahre 1841 Waaren im Werthe von ungefähr 3,400.000 fl.

Für die derartig lebhaft und erfolgreich schaffende Schafwoll-Industrie Oesterreichs wurde auch durch die Entwickelung eines leistungsfähigen Commissionshandels die entsprechende Absatz-Organisation gefunden. Zunächst war diese Absatz-Organisation auch dem kleinen Betriebe günstig; insbesondere gilt dies von der Erzeugung der Modewaare, bei welcher ein glücklicher Einfall, ein gutes Muster auch dem kleinen Producenten Erfolg brachte. Der rasche Umsatz der Waare erleichterte die Erzeugung, die sich auch in den Fabriken, was die Weberei anbelangt, fast ausschliesslich im Handelsbetriebe vollzog. Immerhin bereitete sich aber der Umschwung vor, welcher fast an allen Industrieplätzen in ungeahnter Raschheit die Vernichtung des kleinmeisterlichen Betriebes zur Folge haben sollte; 1851 gab es in Brünn allerdings nur 25 mechanische Webstühle im Betriebe. Der hohe Eingangszoll, die theuere Fracht und auch die immer noch verhältnismässig hohen Erzeugungskosten der Dampfkraft hielten die Aufnahme des mechani­schen Stuhles zurück, den man zu jener Zeit nur für die Erzeugung einfacher Waare rentabel hielt. Mit dem Beginne der Fünfzigerjahre aber eröffnete sich auf capitalistischer Grundlage die Aera der aus­schliesslichen Herrschaft des Grossbetriebes in der österreichischen Schafwollwaaren-Industrie.

Obwohl die Unruhen des Jahres 1848 gerade in Oesterreich im Innern grosse Störungen des Verkehres erzeugt und in der Bevölkerung manchen Nothstand hervorgerufen hatten, so brachte es gerade der Tuch- Industrie vermöge des hohen Standes des Agios, Gelegenheit zur Anknüpfung von Exportbeziehungen, die später fortwirkten. Die grosse sociale Reform der Bauernbefreiung sollte zwar zunächst noch nicht in einer Hebung dieses wichtigsten aller consumirenden Stände sich äussern, bereitete aber doch auch die Belebung des inneren Verbrauches vor. Die Neuerungen des Jahres 1848 hatten auch der Industrie grössere Bewegungs­freiheit gebracht; im Jahre 1851 wurde mit dem Prohibitivsysteme gebrochen und dadurch lebhaftere An­regung geschaffen. Nach wie vor bildeten die schlechten Geldzustände der Monarchie einen Schutzzoll gegen die ausländische Concurrenz, während anderseits die Lüftung der Zollschranken der Industrie und vor Allem der Tuchwaaren-Fabrication, deren Bedeutung und Leistungsfähigkeit auch das Ausland an­erkennen musste, die Möglichkeit der Concurrenz auf dem Weltmärkte eröffnete. Die österreichische, durch den unmittelbaren Bezug feiner und feinster Wolle begünstigte Schafwollwaaren-Production konnte auf dem ausländischen Markte, insbesondere mit ihren feinen Erzeugnissen, concurriren, während sie den zumeist für billige Waare aufnahmsfähigen inneren Markt unbestritten beherrschte. Es ist ein besonderes Verdienst des am 12. Februar 1849 ' n Brünn begründeten Handels-Vereines der Schafwollwaarenerzeugung Brünns und Oesterreichs überhaupt neue Märkte verschafft zu haben. Dem Vertreter des Vereines im Auslande, dem Kaufmann Wilhelm Gebhart in Leipzig, gebührt das Verdienst, erfolgreiche und dauernde Beziehungen, insbesondere zwischen den nord- und südamerikanischen Absatzgebieten und den österreichischen Tuch­plätzen angeknüpft zu haben.

Die Beschickung der Londoner Weltausstellung des Jahres 1851, bei welcher die Brünner Schaf- wollwaaren-Industrie sich wohl als gediegen und leistungsfähig, aber in mancher Hinsicht als veraltet erwies, lehrte die modernen Arbeitsmaschinen und Arbeitsmethoden kennen und veranlasste ihre Ueber- nahme und Einrichtung in den heimischen Unternehmungen. Die Concurrenz auf dem Weltmärkte, die mit Erfolg betrieben wurde, liess den Unternehmungsgeist alle Kräfte anspannen; musste doch auch der Kampf mit der auswärtigen Concurrenz im Inlande aufgenommen werden. Es galt von nun an nicht mehr allein gute und gediegene, sondern auch geschmackvolle, dem Bedürfnisse der Mode folgende und vor Allem billige Waare herzustellen, es galt die Conjuncturen für die Anschaffung von Rohmaterialien aus­zunützen und die Conjuncturen des Absatzes genau zu verwerthen. Die Kraftanlagen und die Anschaffung der modernen Werksvorrichtungen erforderten grosse Capitalien. Seit dieser Zeit gewinnt die Tuchfabrication

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