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J. FLUSS

K. K. AUSSCHL. PRIV. TUCH- UND SCHAFWOLLWAAREN-FABRIK, WOLLHUT- UND STUMPEN-FABRIK

FREIBERG (MÄHREN).

m industriereichen Mährerland nahm zu Anfang der Fünfzigerjahre unseres Jahrhunderts die Tuch- und Wollwaarenfabrication unter dem Einflüsse günstiger Umstände einen mächtigen Aufschwung. Das langsame Abgehen von den schweren, kostspieligen Nationalcostümen und die allmählige Verbreitung von Kleidern, die aus ebenso schönen, aber ungleich billigeren Stoffen hergestellt wurden, wirkte belebend auf die Textil-Industrie ein, ebenso wie der Umstand, dass die Fertigstellung von Tüchern im eigenen Lande der bisher auf allen Märkten ausschliesslich dominirenden ausländischen Fabrication, insbesondere der englischen, umso sichere und erfolgberechtigtere Concurrenz bieten konnte, als ja das ausländische Fabrikat eine wesentliche Verteuerung durch Zölle und Transportspesen erfuhr. Unter diesen Verhältnissen lag in der Gründung eines Unternehmens auf diesem Zweige der Textil-Industrie eine gewisse Erfolg versprechende Gewähr für die Zukunft, und als im Jahre 1847 zu Freiberg in Mähren Herr Ignaz Fluss ein Etablissement gründete von so bescheidenem Umfange, dass Anfangs darin nur die Appretur der ausser dem Hause gesponnenen und gewebten Tücher vorgenommen wurde, lag es bei der günstigen Conjunctur sicherlich in der Absicht des Gründers, an die Ausgestaltung seines Unternehmens zu schreiten. Da die geschäftliche Thätigkeit von bestem Erfolge begleitet war, so führte er nach und nach die Spulerei und Weberei in seine Betriebsstätten ein. Die soliden und dauerhaften Producte des Frei­berger Etablissements fanden im kaufenden Publicum eine sich immer besser gestaltende Aufnahme; auf den ausländischen Märkten, die Fluss mit seinen Tüchern beschickte, bildeten sie einen lebhaft begehrten Artikel. Der Absatz steigerte sich so, dass die Einführung einer mechanischen Triebkraft nothwendig wurde. So wurde denn auch nach 13jährigem Bestände des Etablissements im Jahre 1860 eine Dampfmaschine von allerdings nur zehn Pferdekräften angeschafft. Um der steigenden Nachfrage Genüge leisten zu können, waren Aenderungen und Reformen im Freiberger Etablisse­ment nothwendig geworden, die denn auch Ignaz Fluss im Jahre 1869 in gründlichster Weise vornehmen liess. Durch Ankauf einer Realität in Freiberg war eine Vergrösserung des Unternehmens ermöglicht, wodurch sich wiederum die Nothwendigkeit herausstellte, eine stärkere als die bisher verwendete Dampfmaschine aufzustellen; es wurde eine solche in der Stärke von 40 Pferdekräften aufgestellt.

Bereits 20 Jahre bestand das Unternehmen und hatte sich eine schöne, achtunggebietende Stellung unter den Concurrenten erworben, einen weiten Kreis fester Kunden durch ein solides und reelles Vorgehen erlangt, auf den Märkten sich gesicherte, nutzbringende Absatzstellen zu verschaffen gewusst, als jene grosse Wendung auf diesem Gebiete der Textil-Industrie eintrat, die eine völlige Umgestaltung aller Verhältnisse herbeiführte: Die Einführung des mechanischen Webstuhles. Allerdings waren in anderen Kronländern Oesterreichs bereits viele Jahre vorher die mechanischen Webstühle eingeführt, so insbesondere in Vorarlberg, wo die Einführung einer mechanischen Kraft sich deshalb besonders empfahl, da dort in Folge eigenthümlicher Verhältnisse die Arbeitslöhne bezüglich ihrer Höhe in keinem Verhältnisse standen zu den in anderen Ländern üblichen. Das Beispiel der Schweiz, am meisten aber Englands, das ja das Heimatsland des mechanischen Webstuhles ist, liess die Bedeutung der neuen Erfindung in ihrem vollen Umfange erkennen für den, der Augen hatte, sie zu sehen. Und Ignaz Fluss besass die richtige Erkenntnis für die Neuerung und trat ihr bei, indem er 1864 die ersten mechanischen Webstühle aufstellte. Dadurch trat neuerdings die Nothwendigkeit ein, entsprechend dem neugearteten Betriebe auch Umänderungen, insbesondere bauliche Vergrösserungen und Erweiterungen, vorzunehmen. Schliesslich musste im Jahre 1872 ein ganzer Zubau auf­geführt werden.

Inzwischen waren auch in der Leitung der Fabrik wichtige Veränderungen eingetreten, indem in die Firma der Schwager des Gründers, Herr Moser, eintrat. Bald darauf übernahm der älteste Sohn, Alfred, im Vereine mit

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