JOH. HEINR. OFFERMANN

K. K. PRIV. MILITÄRTUCH- UND FEINTUCH-FABRIK

BRÜNN.

ie Firma repräsentirt das einzige Schafwollwaaren-Fabriksunternehmen, welches, nunmehr 112 Jahre unter der alten Firma unverändert bestehend, aus der ersten Entwickelungsperiode der Brünner Textil­industrie in die Gegenwart herüberreicht. Der Begründer der Firma war Johann Heinrich Offe-rmann, geboren zu Montjoie in Rheinpreussen, welcher in der durch die Initiative der Kaiserin Maria Theresia und Kaiser Josephs begründeten ersten Brünner Tuchfabrik des Leopold von Köffiler als Mitdirector angestellt war. In Gemeinschaft mit den gleichfalls den Rheinlanden entstammenden Angestellten Köffilers, mit Johann Gottfried Bräunlich und Heinrich Hopf, errichtete er im Jahre 1786 auf Grund der mit dem Hofdecrete vom 21. August 1786, Z. 3350, ertheilten Concession die dritte Tuchfabrik Brünns. Er erbaute das noch heute als Vordertract bestehende Fabriksgebäude und wusste durch seine technischen Erfahrungen und seine unermüdliche Geschäftsthätigkeit dem Unternehmen bald einen solchen Aufschwung zu geben, dass im Jahre 1791 bereits tausende Menschen durch die Fabrik Beschäftigung fanden. Besonderen Anwerth gewannen die Erzeugnisse der Firma weit und breit, insbesondere durch die Anwendung der von deu aus Mühlhausen stammenden Brüdern Friedrich, Wil­helm und Karl Alexander Offermann erfundenen Tuchscheermaschinen.

Nach Johann Heinrich Offermann, der im Jahre 1793 frühzeitig starb, übernahmen dessen Söhne Johann Heinrich und Karl die Leitung der Fabrik, welche bald ausschliesslich Karl Offermann zufiel, der nach dem kinderlosen Absterben seines Bruders im Jahre 1837 der alleinige Inhaber des Unternehmens wurde. Im Jahre 1816 wurde als erste in Brünn und als grösste in Oesterreich eine Dampfmaschine, die aus England eingeführt wurde, in dem Etablissement aufgestellt, welcher bald eine zweite Dampfmaschine, ein heimisches Erzeugnis der Schlapa- nitzer Fabrik, folgte.

Die Firma war unter den wenigen, welche die schwere Krisis, die nach den napoleonischen Kriegen und der Aufhebung der Continentalsperre über die Brünner Schafwollwaaren-Industrie hereinbrach, überdauerten, um alsbald wieder durch die Ausnützung aller technischen Fortschritte und durch die besondere Güte ihrer Erzeugnisse einen neuen, bedeutenden Aufschwung zu nehmen. Beider ersten österreichischen Gewerbe-Ausstellung im Jahre 1835 erhielt die Firma die silberne Medaille für vaterländischen Gewerbefleiss, welcher Auszeichnung sich weitere be­sondere Anerkennungen sowohl der Firma, als ihres Inhabers anschlossen.

Karl Offermann erhielt im Jahre 1863 für seine Verdienste auf dem Gebiete der Industrie und für seine gemeinnützige Thätigkeit, die er insbesondere für das Brünner Gemeinwesen auf den mannigfachsten Gebieten, namentlich durch die Anlage des Augartens und des F'ranzensberges, von seinen Mitbürgern hoch verehrt, entfaltete, den Orden der Eisernen Krone III. Classe und wurde in den erblichen Adelsstand erhoben. Er starb im Jahre 1869, nachdem er schon in den Fünfzigerjahren die Führung des Unternehmens seinen Söhnen Karl und Theodor über­geben hatte.

Karl von Offermann, welcher seit dem Jahre 1882 alleiniger Inhaber der Firma war, bethätigte sich in besonders hervorragender Weise in der Leitung des Unternehmens und auf anderen industriellen Gebieten, und war eine führende Persönlichkeit der österreichischen Industrie überhaupt. Bei den Weltausstellungen in London 1851, München 1854, Paris 1855, London 1862, Wien 1873 und Paris 1878 war er zumeist als Präsident des Ausstellungs- comitös für die gesammte Textil-Industrie und als Präsident der Jury dieser Gruppe thätig, und erwarb sich ein bleibendes Verdienst um die Entwickelung des Ausstellungswmsens. Als langjähriger Vicepräsident der Brünner Handelskammer, als Präsident hervorragender Creditinstitute und industrieller Actiengesellschaften, und in vielen anderen bedeutenden öffentlichen und auch in gemeinnützigen Stellungen erwarb er sich allgemein anerkannte Ver­dienste. Er erhielt das Commandeurkreuz des Ordens der Eisernen Krone II. Classe, sowie hohe Auszeichnungen der meisten europäischen Staaten und wurde im Jahre 1873 in Anerkennung seiner vielfachen Verdienste in den Freiherrnstand erhoben. Als er in einem Alter von 74 Jahren im Jahre 1894 seiner erfolgreichen Wirksamkeit ent­rissen wurde, gieng die Firma an seine Kinder und Erben über, welche das Unternehmen als eine Commandit- gesellschaft führen, deren persönlich haftende Gesellschafter die Herren Dr. Karl Freiherr von Offermann, k. k.