lautete, das Vorrecht erhalten, den kaiserlichen Adler in Schild und Siegel, sowie die Bezeichnung »k. k. privilegirt« führen zu dürfen.

Im Jahre 1870 trat Carl Schaumanns jüngerer Bruder Franz als öffentlicher Gesellschafter in die Firma ein. In demselben war dem bisherigen Unter­nehmer eine neue werthvolle Kraft an die Seite getreten und das Brüderpaar arbeitete nun mit doppeltem Eifer an der Ausgestaltung des Etablissements.

Die Fabrik gehört zu den wenigen Unternehmungen, in welchen schon zu jener Zeit die Fabrication der Decken und Kotzen in ihrem ganzen Umfange, von der Behand­lung der Wolle bis zur Versendung der fertigen Waare, in allen Stadien selbst vor­genommen wurde, und zwar umfasst dieselbe die Wollsortirung, Wollwäscherei, Färberei,

Spinnerei, Weberei, Eodenwäsche, Walke und Appretur.

Der Waarenabsatz zog durch preiswürdige und solide Ausführung der Erzeugnisse immer weitere Kreise. Das Absatzgebiet umfasst nicht nur die Kronländer der österreichisch-ungarischen Monarchie, sondern wurde auch auf Serbien, Rumänien, Bulgarien und die Türkei ausgedehnt. Im Jahre 1885 wurde ein grosser Theil der Fabrik durch eine Eeuersbrunst zerstört, worauf zweckentsprechende Veränderungen beim Wiederaufbau vorgenommen wurden. Maschinen neuester Construction wurden angeschafft, so dass die Fabrik auch in dieser Richtung den Anforde­rungen modernster Technik vollkommen entspricht. Im Jahre 1886 wurden die bis nun verwendeten zwei alten Dampf­maschinen cassirt und durch eine einzig-e von 150 Pferdekräften ersetzt. Sechs Jahre später, im Jahre 1892, brachten die Besitzer die einen Kilometer vom Hauptetablissement entfernte Fabrik »Donauheim« käuflich an sich, wohin sie die Wollwäscherei, Färberei, einen Theil der Spinnerei und die Wollmagazine verlegten. Dadurch wurde es ermöglicht, in dem durch die Einführung der Tuchfabrication stark beengten Stammhause Raum für neue Maschinen zu gewinnen und rationelle Einrichtungen zu schaffen.

Die Fabriken besitzen heute 2000 Spindeln und 50 mechanische Webstühle. Die Firma ist im Stande, bei zehnstündiger Arbeitszeit jährlich circa 100.000 Stück Militär-Bett- und Pferdedecken und 50.000 Meter Militärtuch zu producircn. Sie erzeugt die verschiedensten Sorten von Pferdedecken, Kotzen und Bettdecken, ferner von Uniformtuchen für das Militär, sowie für diverse Verkehrsinstitute, Bildungs- und Humanitätsanstalten. In neuerer Zeit erfreuen sich auch ihre reinwollenen Lodenfabricate für Herren und Damen einer grossen Beliebtheit. Die Erzeugnisse der Fabrik wurden auf 25 Ausstellungen mit den höchsten Preisen prämiirt.

Im Jahre 1884 wurde den beiden Firmainhabern der Titel »k. u.. k. Hoflieferanten« verliehen. Auch im Aus­lande hat die Firma Anerkennung gefunden; so hat dieselbe viele Jahre hindurch der rumänischen, serbischen, bulg-ari- schen und türkischen Armee Decken und Uniformtuch geliefert, und anlässlich der Ausstellung in Philippopel 1892 wurde der Chef, Herr Carl Schaumann, mit dem Officierskreuz des bulgarischen Nationalordens für Civilverdienste decorirt.

Dem väterlichen Beispiele getreu, wendet derselbe sein Augenmerk unablässig der Wohlfahrt seiner Arbeiter zu, und lange vor der Zeit der Einführung der obligaten Krankenversicherungscassen, bereits im Jahre 1872, wurde eine Krankencasse errichtet, die gegenwärtig über einen Reservefond von 6000 fl. verfügt. Gelegentlich des 50jährigen Jubiläums der Firma, im Jahre 1878, hat der Gründer derselben, Franz Schau­mann, ein Jahr vor seinem 1879 erfolgten Tode, eine Arbeiter-Invalidenstiftung- mit einem Gründungscapitale von 5000 fl. errichtet, welche seither durch reichliche Zuschüsse seitens der Chefs auf ein Capital von 12.000 fl. angewachsen ist, und aus der jährlich zwei invalide Arbeiter und zwei ebensolche Arbeiterinnen, erstere mit je 144 fl., letztere mit

je 120 fl., betheilt werden. Das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitern war und ist ein durchaus friedliches und wird am besten dadurch charakterisirt, dass das Unternehmen bis jetzt von allen Störungen, die durch Strikes etc. entstehen, verschont geblieben ist.

Franz Schaumann, der Bruder und Associé des jetzigen Chefs, der von Sr. Maje­stät dem Kaiser für die nicht unbedeutenden Verdienste, die er sich als Bürgermeister von Korneuburg um das Stadtwohl erworben, mit dem Ritterkreuze des Franz Joseph- Ordens ausgezeichnet wurde, trat 1892 aus der Firma aus, um sich gänzlich seinem Ehrenamte zu widmen. Bei dieser Gelegenheit gründete er, überzeugt, dass den Arbeitern Wissen und Kennt­nisse vor Allem noth thun, eine Stipendienstiftung für Söhne von Arbeitern und Arbeiterinnen der Fabrik mit einem Stammcapital von 6000 fl.

Die Gross-Industrie. IV.

i-ii ,

Grosser Webereisaal.

Färberei in der Fabrik Donauheim

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