Stelle, welche vordem ein vom vorüberrauschenden Wittigflusse vielfach unter wühltes, aus Sumpf, Gestrüpp und ödem Gestein bestehendes Grundstück bildete. Mit diesem Baue war es aber nicht abgethan. Die Vollendung des­selben gieng mit dem rastlosen Streben nach Verbesserung Hand in Hand. So wurde im Jahre 1854 das eine der Wasserräder durch eine Jonval-Turbine ersetzt und dieser die ausschliessliche Bedie­nung der Rauherei zugewiesen, wodurch ein gleichmässigerer Gang des die Spinnerei und mechanische Weberei treibenden Wasserrades erzielt wurde. Gleichzeitig wurde ein zweites, ungefähr 1 / 4 Stunde von der Fabrik unbenützt gelegenes, dem Fabriks­besitzer gehöriges Gefälle in Verwendung genommen und daselbst ein ganz neues Wasserwerk mit Wehre, Graben und Turbine für eine von Grund aus neuerbaute Walke angelegt. Im Anfänge der Sechzigerjahre wurde die Triebkraft der Fabrik in Friedland durch Verwerthung der Dampfkraft erhöht, eine Dampfesse erbaut,

Dampfkessel und Dampfmaschinen gesetzt; im Jahre 1885 wurden sämmtliche Wasser­motoren in einer grossen neuen Knop-Turbine von 130 Pferdekräften zusammen­gefasst, während im Jahre 1897 eine vollständig neue, der Zeit entsprechende Dampfanlage erbaut wurde. Den jetzigen Stand der Friedländer Fabrik zeigt das beigegebene Kunstblatt.

Inzwischen blieben die Fortschritte der Technik nicht unbeachtet. Es wurden keine Kosten gescheut, die neuesten Erfindungen einzuführen, und fanden die meisten der neuauftauchenden Ver­besserungen hier zuerst Aufnahme, um nach und nach Gemeingut der ganzen Gegend zu werden.

So wurden hier eingeführt:

1811 die erste Krempel;

1814 die verbesserte Krempel mit der Lockenmaschine und die Handspinnmaschine;

1815 die Scheertische;

1825 die Cylinder-Decatur;

1830 die erste Scheermaschine System Davis;

1831 die verbesserte Scheermaschine System Tondense;

1832 ein neues niederländisches Lochwalkensystem;

1833 die hydraulische Presse;

1834 die einfache Rauhmaschine und die mechanische Feinspinnmaschine;

1836 eine neue Doppelrauhmaschine;

1837 die Schnellwalke und die Operirmaschine ;

1843 der Schönherrsche mechanische Webstuhl;

1844 die Continue (eine Vorspinnmaschine statt der Lockenkrempel), die Lacroix-Walzenwalke ;

1846 die Centrifugal-Trockenmaschine;

1850 die verbesserten Schönherrschen mechanischen Webstühle;

1851 der Klettenwolf;

1855 die Doppelrauhmaschine von Gessner;

1856 der mechanische Jacquard-Webstuhl mit Schützenwechsel;

1857 die Thomassche Longitudinal-Scheermaschine;

1858 die Wiede-Presspichsche Walzenwalke, die Zipser-Tvleinsche Rauhmaschine;

1865 die Plattschen Selfactoren ;

1878 die Walzenpresse;

1881 die Carbonisirmaschine.

Bekanntlich hatte der mächtige Wallenstein von der Domäne Friedland 1625 den Herzogtitel angenommen, doch war unter dem Herzogthume Friedland nicht blos diese Herrschaft, sondern Wallensteins sämmtliche böhmischen Besitzungen, 68 an der Zahl, begriffen.

Nach der uns genügend bekannten Katastrophe zu Eger, wo Wallensteins Laufbahn tragisch zu enden bestimmt war, gelangte Friedland durch landesherrliche Schenkung an den Grafen Mathias Gallas von Campo, Herrn zu Freienthurn, und Materello, Herzog von Lucera. Der letzte Sprosse der Familie, Graf Gallas von Campo, Philipp Joset, vererbte die Herrschaften Friedland und Reichenberg an seinen Schwestersohn Christian Philipp Graf von Clam, welcher seinen Namen und sein Wappen sofort mit dem gräflich Gallasschen verschmolz, daher der jetzige Name Clam-Gallas. Er hinterliess die Allodialherrschaften Reichenberg und Friedland seinem Sohne und weiterhin seinem Enkel, Excellenz, Feldmarschall-Lieutenant Eduard Grafen Clam-Gallas.

Die Stadt Friedland, der Hauptort des gleichnamigen Bezirkes, zerfällt in das Stadtgebiet, den Schlossbezirk und den Ortstheil Jäkelsthal, zählt nach den neuesten amtlichen Erhebungen 793 Häuser mit einer Bevölkerung von 5282 Seelen; der ganze Bezirk umfasst einen Flächenraum von 7 Quadratmeilen, hat zwei Städte (Friedland und Neustadtl) und 49 Dörfer mit 45.761 Bewohnern.

Es möge hier gestattet sein, aus einer nunmehr 40 Jahre alten Beschreibung der Friedländer Fabrik einige Stellen zu entnehmen, welche den Eindruck, den diese blühende Industriestätte damals hervorrief, anschaulich wiedergeben: _

»Oberhalb der Friedländer Fabrik von Willi. Siegmund steht die Burg des Friedländers, das Sr. Excellenz dem Herrn Eduard Grafen Clam-Gallas gehörige Schloss Friedland, ein Zielpunkt so vieler Touristen und Badereisender, junger Damen voll schwärmerischer Empfindung für Max Piccolomini, und idealerfüllter Jünglinge, die in dem dort aufgestellten besten Porträt Wallensteins die Verkörperung des von unserem grossen Schiller so-herrlich entworfenen

Wilhelm Siegmund sen.

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