Die Fabrik, die mit einer grossen, modern angelegten Kessel- und Dampfmaschinenanlage, sowie elektrischer Beleuchtung, grossen Wasser- und Heizungsanlagen ausgestattet ist, hat ausserdem eine auf der Höhe der Zeit stehende Streichgarn-Spinnerei mit 8 Assortiments und 3400 Spindeln, eigene Zwirnerei, eine vorzüglich eingerichtete Appretur, eine eigene Wollwäscherei und Carbonisationsanstalt, eine ausserordentlich gut eingerichtete Färberei, die immer besser eingerichtet wurde, je schwierigere Artikel erzeugt wurden, insbesondere aber anlässlich der Erzeugung von Nouveautés in Herrenartikeln und der Mannschafts-Egalisirungstuche für die k. und k. Armee.

Im Jahre 1847 trat nämlich die Firma als Gesellschafterin in das Heeresausrüstungsconsortium von Offer- mann, Quittner & Consorten ein; sie gehört bis heute der Militärtuch-Gesellschaft von Quittner, Brdlik & Consorten an und hatte in diesem Verbände hauptsächlich die schwierig herzustellenden Mannschafts-Egali­sirungstuche für die Armee zu erzeugen, die sie bis vor Kurzem ausschliesslich und ganz allein in Oesterreich bei­stellte. Auf die Herstellung immer lebhafterer und echterer Farben war hiebei das Hauptaugenmerk gerichtet, wes­halb stets alle Errungenschaften der rasch fortschreitenden Farbenchemie ausgenützt und auch erst kürzlich wieder neuere, dem heutigen Stande der Farbenchemie entsprechende, wesentlich lichtechtere Ausfärbungen dem technischen Militâr-Comité vorgelegt wurden, um mehrere weniger lichtechte Farben zu ersetzen ; dieselben wurden auch approbirt.

Das gleiche Bemühen zur Herstellung echterer Farben für die Ivammgarn-Nouveautés führte zur Anschaffung von allerlei Verbesserungen für diese Zwecke, wie von Hyposulfit-Kupen u. dgl. m.

Die ausgedehnten Fabriksbaulichkeiten erstrecken sich über ein arrondirtes und verbautes Gebiet von nahezu 4 Joch und umfassen auch die Ubicationen für die Maschinenfabrik von Gülcher & Schwabe, die bei der Firma Sternickel & Gülcher eingemiethet ist, und gewähren nahezu 800 Arbeitern Unterstand und Arbeit, da beide Unternehmungen je an 400 Arbeiter beschäftigen. So steht die Firma heute, die jetzigen Chefs sind Arthur und Hans Sternickel und Hugo Gülcher, welch letzterem die technische und commerzielle Leitung obliegt, in jeder Hinsicht auf der Höhe der Zeit und erzeugt die mannigfaltigsten Artikel, dieselben nach aller Herren Länder absetzend.

Ausser den aus ältester Zeit stammenden und heute noch gangbaren orientalischen Tuchen, den Militär- und Egalisirungstuchen für Mannschaft und Cadetten, den Uni-Kammgarnen und Kammgarn-Nouveautés werden heute noch diverse Damenartikel in Kamm- und Streichgarn in den zartesten Farben erzeugt, ferner Livréetuche und Palmerstons, insbesondere in den lichtesten Tönen, Lieferungswaaren für Eisenbahnen u. s. w. Das Hauptabsatzgebiet der Firma ist Oesterreich-Ungarn, in welchem der Absatz aber in Folge der raschen Entwickelung der Textil­industrie hauptsächlich in Böhmen, durch den Mangel entsprechenden Exportes, sowie eines kräftigen Kaufmanns­standes und eines guten Concursgesetzes immer schwieriger und nutzenloser wird.

Die Firma war daher von jeher darauf bedacht, möglichst viel zu exportiren, und hatte durch besonders voll­endete Ausführung und geschmackvolle Dessins in Kammgarn-Nouveautés grosse Erfolge in Nordamerika errungen, wohin jetzt jedoch seit der Mac Kinley-Bill der Absatz neuerdings erschwert ist, insbesondere aber seitdem sich in Amerika selbst, Dank einer zweckgemässen Schutzzollpolitik, die Leistungsfähigkeit der dortigen Fabriken ausser­ordentlich gehoben hat. Ausserdem erstreckt sich das Absatzgebiet des Hauses auch nach dem Orient, Deutsch­land, Frankreich und anderen Ländern, zur Zeit allerdings nur in verhältnismässig kleinen Mengen. Die Haupt­verkaufsniederlage für Oesterreich befindet sich in Brünn, geleitet von Hans Sternickel, kleinere Niederlagen sind in Wien und Budapest.

Vertretungen bestehen in allen Ländern, vorzugsweise aber im Orient, Frankreich und Nordamerika. Be­sondere Hervorhebung verdient noch, dass die Firma, beziehungsweise die Väter der jetzigen Firmaträger eine Krankencasse für die Fabrik bereits zu einer Zeit eingeführt hatten, als man noch lange nicht an die Versicherung der Arbeiter gegen Krankheit dachte, dass ferner immer für die Invaliden und nach langjähriger Beschäftigung in Diensten der Firma altersschwach gewordenen Arbeiter in humanster Weise gesorgt wurde, desgleichen für die Meister und Beamten, sowie für deren Hinterbliebene.

Ganze Familien finden bereits durch mehrere Generationen in der Fabrik Beschäftigung, darunter zahlreiche Arbeiter, die über 40 Jahre im Dienste stehen, deren zwei von Sr. Majestät ausgezeichnet wurden.

Leider ist die Lage der Industrie in den letzten Jahren wegen der schon erwähnten Umstände, sowie durch die politischen Wirren, durch die Sterilität unseres Abgeordnetenhauses in volkswirthschaftlicher Beziehung und durch die Verdrängung Oesterreichs vom Weltmärkte eine sehr missliche geworden, und auch das frühere patri­archalische Verhältnis zwischen Chef und Arbeiter durch socialistische Umtriebe getrübt worden, so dass ein grosser Theil der Freude an der Arbeit verloren geht.

Bei dem erhebenden Jubiläumsfeste Sr. Majestät aber sollen diese trüben Ausblicke zurücktreten und dem Wunsche Platz machen, dass das Jubiläumsjahr der Ausgangspunkt werde zu neuem Aufblühen unserer Industrie, zu welchem alle berufenen Factoren des Staates im Sinne des gnädigsten Beschützers der Industrie beitragen möchten: Viribus unitis!

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