Die Fabrication beschränkte sich damals hauptsächlich auf die Herstellung von Kattunen und Mousselinen, welche gebleicht, gefärbt oder bedruckt an die vorerwähnten Niederlagen abgegeben wurden. Die dazu erforder­lichen Garne wurden nur zum kleinsten Theile im Inlande hergestellt; die weitaus überwiegende Menge musste aus Sachsen bezogen werden.

Mancherlei damit verbundene Unzukömmlichkeiten regten in F. Iv. Starck den Gedanken an, eine eigene Spinnerei zu errichten. Er schickte zunächst seinen Stiefsohn Konrad Dotzauer zu E. A. v. Seckendorff nach Weischlitz in Sachsen, damit er sich eine genaue Kenntnis der dortigen Industrie verschaffe. Im Jahre 1818 begann er mit der Errichtung einer Spinnerei an derselben Stelle, wo sich das jetzige Etablissement befindet. Bereits im Jahre 1821 war dieselbe im vollen Betriebe. Im Jahre 1822 wurde dem Unternehmen neuerdings das »förmliche Landesbefugnis mit Führung des k. k. Adlers und den damit verbundenen Vorrechtenv. verliehen, und zwar mit Rücksicht darauf, dass> diese Fabrik zu den umfangreichsten des Landes gehört sie beschäftigte zu jener Zeit beiläufig 600 Personen in Graslitz und Umgebung und gute und echte Waarcn liefert «.

Die Spinnerei hatte schon damals über 5000 Spindeln und war im raschen Aufblühen begriffen,' als sie in

ihrer ruhigen Entwickelung durch schwere Unglücksfälle gestört wurde.

Sie verlor 1827 ihren bisherigen Leiter Conrad Dotzauer und im darauf­folgenden Jahre starb auch F. K. Starck. Die missliche Geschäftslage in den Dreissiger- jahren brachte es mit sich, dass es dessen Sohn Joseph Karl Starck nicht gelang, das Geschäft wieder auf die frühere Höhe zu bringen. Selbst die Aufstellung einer Dampfmaschine im Jahre 1836 und die be­trächtliche Vergrösserung der Spinnerei hatten nicht die erhoffte Wirkung. Erst dessen Schwiegersohn, Theodor Pilz, war es Vorbehalten, das alte Geschäft zu neuer Blüthe zu bringen.

Theodor Pilz wurde im Jahre 1817 als der Sohn eines angesehenen Prager Kaufmannes geboren. Er legte seine Lehr­zeit bei dem Prager Coloniahvaaren- und Commissionsgeschäfte Johann David Starck zurück und arbeitete hierauf mehrere Jahre im Geschäfte seines Vaters in Prag, sowie in dessen Spinnereien zu Neu- stadtl und Neuhof. Im Jahre 1839 bekleidete er die Stelle eines Directors in der Fabrik seines nachmaligen Schwiegervaters, mit dessen Tochter er sich im folgenden Jahre kaum 23 Jahre alt vermählte. Ein Mann von seltener Energie und eisernem Fleisse, entfaltete er eine rastlose Thätiglceit und es gelang ihm, binnen wenigen Jahren die Fabrik, die er bald darauf pachtweise, im Jahre 1844 käuflich mit allen darauf haftenden Lasten über­nahm, durch Einführung zahlreicher Verbesserungen und durch weitgehende Sparsamkeit zu neuer Blüthe zu bringen. Bereits im Jahre 1848 hatte er es so weit gebracht, dass er nicht nur die vollkommene Geschäftsstockung dieses Jahres überdauerte, sondern dass er auch seinen Arbeitern während der ganzen Zeit durch ausgedehnte Wasserbauten lohnende Beschäftigung gewähren konnte. Die darauffolgenden Jahre waren der ruhigen Entwickelung gewidmet, bis das Jahr 1855 durch die Pariser Weltausstellung die Anregung zu bedeutenden Umwälzungen brachte. Theodor Pilz hatte dort die bedeutenden Vorzüge des Selfactors gegenüber der alten Handmule würdigen gelernt und ent­schloss sich, in einem neuerbauten Flügel der Spinnerei Selfactoren mit den nöthigen Vorwerken aufzustellen. Bald mussten die vorhandenen Handmules der Uebermacht des Selfactors weichen und auch die Vorwerke wurden den Anforderungen der Zeit entsprechend abgeändert. So war Pilz im Besitze einer blühenden, in jeder Beziehung auf der Höhe der Zeit stehenden Spinnerei, als ihn im Jahre 1863 in seiner vollen Schaffenskraft der Tod hinwegraffte.

Die darauffolgenden Jahre brachten wenig Erwähnenswerthes. Die Fabrik, welche im Besitze der Familie verblieb, hielt mit den Verbesserungen der Technik Schritt, ohne jedoch ihren Umfang wesentlich zu vergrössern. Im Jahre 187g wurde sie durch einen Brand vollständig zerstört und hierauf, allen modernen Anforderungen ent­sprechend, wieder aufgebaut und mit den neuesten Maschinen ausgestattet. Heute enthält die Fabrik 11.000 theils Ring-, theils Selfactor-Spindeln und werden auf denselben Garne von Nr. 642 erzeugt. Zur Verarbeitung gelangt nur amerikanische Baumwolle bester Qualität. Die Jahreserzeugung beträgt eine Million englische Pfunde.

Zwischen der Arbeiterschaft und den Leitern des Unternehmens bestand seit jeher beruhend auf gegen­seitigem Vertrauen das denkbar beste Einvernehmen, und ist die bedeutsame Thatsache hervorzuheben, dass seit dem mehr als hundertjährigen Bestände der Fabrik nicht ein einziger Strike zu verzeichnen ist.

Möge das Unternehmen weiter wachsen und gedeihen zum Wohle der Familie und der treuen Arbeiterschaft.

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