BRUDER KIND

MECHANISCHE WEBEREI PATENTIRTER TREIBRIEMEN

AUSSIG a. d. ELBE.

er unentbehrlichste Factor, welcher den Arbeitsmaschinen die treibende Kraft zuführt, ist der Treib­riemen, der somit die grösste Rolle bei einer jeden Maschinenanlage spielt. Vor Allem kommt hier der Lederriemen in Betracht, welcher aber durchaus nicht, wie viele glauben, der beste und allen An­forderungen genügende ist.

Für leichtere Betriebe entspricht ja meist der Lederriemen, dagegen bei schweren Betrieben und dort, wo die Uebertragung der Kraft das Wichtigste ist und man mit den Kosten derselben (Dampfverbrauch etc.) rechnen muss, können Lederriemen gegen gute Textilriemen nicht concurriren. Ueberdies haben letztere noch den Vortheil, dass sie gegen Temperaturwechsel, Oele, Säuren etc. unempfindlich sind und sich somit in Räumen, wo Lederriemen in kurzer Zeit morsch, brüchig und schimmelig werden, jahrelang gar nicht verändern. Auch ist die Dehnung der guten Textilriemen eine wesentlich geringere als bei Lederriemen.

Schon diese Punkte sollten genügen, dem Textilriemen den ersten Platz einzuräumen, wenn nicht immer wieder Bedenken aufgetreten wären, dass dieselben doch nicht so gut sind wie Lederriemen. Der grösste Zweifel

bestand darin, dass die Kanten der Textilriemen sich im Gabel- und Kreuzlauf ausfransen, und das mit Recht.

Diesem Uebelstande ist nun durch die eingewebte Lederkante, Patent Brüder Kind, abgeholfen.

Früher verwendete man genähte Treibriemen aus Baumwolle, Kameelhaar, Kautschuk u. s. w. mit rechts und links in den Riemen versenkten und vernähten Schutzleisten aus Lederstreifen, ferner gewebte Treibriemen aus mehreren an den Rändern unverbundenen Gewebelagen, in welchen Streifen aus Leder oder sonstigen geeigneten Stoffen eingelegt und befestigt wurden. All diese Versuche erzielten wohl eine festere Kante, aber keine Kante, die sich auf die Dauer gegen die Reibung in den Riemengabeln bewährte. Die Firma Brüder Kind, mechanische Weberei, fabricirt gewebte Treibriemen aus irgend welchem Material, deren Kanten gegen Ausfransen dadurch ge­schützt sind, dass eine Lederkante, bestehend aus mehreren Kernleder-Rundfaden, in eigenartiger Weise mit dem Riemen verwebt wird, also mit dem letzteren ein unzertrennbares Ganzes bildet. Die Befestigung dieser Lederfaden geschieht derart, dass die einzelnen Faden abwechselnd nacheinander vom Schussfaden einzeln oder in mehreren Streifen eingewebt werden, um ein geflechtartiges Gewebe durch die Lederfaden am Rande des Riemens zu er­zielen. Es liegt auf der Hand, dass auf diese Weise thatsächlich eine vollständig dauerhafte Lederkante erreicht

wird, welche sich bereits seit längerer Zeit in verschiedenen Betrieben als ausserordentlich haltbar bewährt hat. Diese Kindschen Treibriemen, welche in allen Culturstaaten patentirt sind, bilden somit eine Vereinigung von Leder- und Stoff-Treibriemen in einem Riemen.

Nachdem die Firma Brüder Kind für ihre Erfindung in allen Culturstaaten ein Patent erworben hatte, eröffhete sie im Jahre 1896 zu Aussig a. d. Elbe ihre neueingerichteten Betriebsstätten. Das junge Unternehmen hatte Glück. Die Eigenart der Producte fand allgemeinen Anklang und die patentirten Treibriemen werden heute bereits nicht nur in Oesterreich, sondern auch in Deutschland, Russland, England, der Schweiz, Italien etc. abgesetzt. Die Aussiger Weberei ist in Oesterreich die erste und einzige ihrer Art.

Die Fabrikslocale, welche allen sanitären Anforderungen bezüglich Luft und Licht vollkommen entsprechen, enthalten 10 mechanische Webstühle und ausserdem alle nötliigen Hilfsmaschinen. Die motorische Kraft stellen Dynamomaschinen bei, denen auch die Versorgung der Fabrik mit elektrischem Lichte obliegt. Die Fabrik beschäftigt gegenwärtig circa 25 Arbeiter, für die durch alle gesetzlichen Wohlfahrtseinrichtungen gesorgt wird.

Die Gross-Industrie. IV.

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