FELMAYER & CO.

KETTENHOFER DRUCKFABRIK

ALTKETTENHOF IN NIEDERÖSTERREICH.

ie Geschichte dieser Druckerei reicht auf das Jahr 1726 zurück, um welche Zeit die Orientalische Com­pagnie, gestützt auf ihr Privilegium, zu Kettenhof am Flusslaufe des »kalten Gang« die »Zitz- und Cottonfabrik« errichtete. In Folge zahlreicher Widerwärtigkeiten sah sich die Orientalische Compagnie im Jahre 1740 genöthigt, das Etablissement an die Wiener Handelsgesellschaft zu veräussern. Auch diese behielt es nicht lange; denn 1754 ward es Eigenthum des Freiherrn von Bodenthal. Durch die lüchtigkeit des Mitinhabers Jakob Wolf von Ehrenbrunn, des Erbauers der Schwechater Pfarrkirche (1765), gelangte die Fabrik zu hoher Blüthe, denn sie beschäftigte um jene Zeit 10.000 Leute als Spinner, Weber und Drucker. Im Jahre 1806 wurde die erste englische Walzendruckmaschine aufgestellt. Jedoch schon 1811 wies die Fabrik deut­liche Zeichen des Rückganges auf; ihre Arbeiterzahl sank auf 2200, die Zahl der Webstühle auf 750, die der Druck, tische auf 84 und die Jahresproduction auf 80.000 Stück zu 16 Ellen.

Durch zahlreiche Wandlungen und häufigen Besitzwechsel verlor das Etablissement seine einstige Bedeutung völlig, bis es im Jahre 1866 in den Besitz des Franz Felmayer senior gelangte, der im Verlaufe weniger Jahre durch unermüdlichen Fleiss, hohe technische und kaufmännische Intelligenz und seltene Energie die Fabrik nicht nur auf die Höhe der Zeit brachte, sondern ihr auch bald eine führende Rolle in der österreichischen Blaudruck-Industrie erkämpfte.

Er ist als der eigentliche Begründer der Fabrik in ihrer heutigen Gestalt anzusehen. Er war der Erste, der (1870) in Oesterreich, an Stelle des im Blaudruckpappverfahren damals ausschliesslich üblichen Perrotin- und Hand­druckes, den Rouleauxdruck einführte und dadurch unter gleichzeitiger Beachtung des conservativen Volksgeschmackes die bis dahin herrschenden schwerfälligeren Resultate der Formendruckerei durch die elegantere und vielfältigere Art des Walzendruckes ersetzte.

Den Indigo in allen üblichen Applicationen und Combinationen, vornehmlich in der mit Türkischroth in den Vordergrund stellend, erzeugt die Fabrik noch ausserdem die in den Rahmen einer Blaudruckerei passenden Bunt­druckartikel. Die Fabrik verfügt heute über 6 Rouleauxdruckmaschinen (ein- bis vierfärbig) und 5 Perrotinen (vierfärbig). Den Betrieb unterhalten 4 Dampfkessel mit zusammen 600 Quadratmeter Heizfläche, 2 Dampfmaschinen mit zusammen 160 Pferdekräften. Gefärbt wird auf 100 runden und 2 Rouletteküpen. Das Graveuratelier umfasst 3 Molettirstühle.

Das Etablissement beschäftigt 250 Arbeiter und hat seine eigene Betriebskrankencasse, deren Fond von der Firma gegründet und subventionirt wurde. In Wien unterhält es seine Niederlage.

Im Jahre 1873 beschickte die Firma die Wiener Weltausstellung und erhielt die Verdienstmedaille.

In der 170jährigen Vergangenheit der Fabrik spiegelt sich die Geschichte der österreichischen Baumwoll- Industrie ab. Von jenen Tagen, wo sie mit einer Jahresproduction von 800.000 Meter als das grösste Etablissement Oesterreichs gegolten, bis auf die Neuzeit, wo die Erzeugung von 5 bis 6 Millionen Meter nicht als eine quantitativ hervorragende Leistung gerechnet wird, hat sie sämmtliche Phasen und Kämpfe, welche die Baumwoll-Industrie zu bestehen hatte, siegreich durchgekämpft und geht, seit nun 32 Jahren im Besitze des Hauses Felmayer ihren Rang unter den Blaudruckfabriken Oesterreichs behauptend,' zielbewusst der Zukunft entgegen.

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