Ausserdem bestehen daselbst die bereits im Jahre 1835 begründete Leinen-, Stück-, Bleich- und Appreturanstalten Rudolf Frenzei, Nieder-Hohenelbe, und A. Ehinger, Hohenelbe, seit 1889.

Ausser der grossen Reihe von Fabriken, welche in dem oberen Elbethale und an der ganzen Länge der Aupa sich aneinanderschliessen, vertheilen sich auf das Riesengebirge und seine Südabhänge noch viele, theilweise sehr alte Etablissements, aus zu Anfang des Jahrhunderts gegründeten kleineren Handlungen entstanden, die aber eine der Zeit angepasste neue Form von modernen Firmen angenommen haben. So bestehen z. B. die Leinenwebereien P. A. Schlechta & Söhne in Lomnitz schon seit 1808, Anton Klazars Söhne in Ivruh seit 1809, Alois Veith Sohn in Grulich seit 1830.

Insbesondere haben sich viele Bleichereien, die schon zu Anfang des Jahrhunderts in grösserer Zahl bestanden, durch Uebergang zur modernen Kunstbleiche zu grösseren Firmen emporgeschwungen. Neben den schon erwähnten Bleichen von Julius Hanke in Trübenwasser, Kunstbleiche seit 1811, R. Frenzei, Hohenelbe, können wir noch die alte Bleich- und Appreturanstalt J. Popper in Wekelsdorf hervor­heben, deren Leinwandbleiche schon seit 1790 besteht, während die jetzige Firma erst 1858 gegründet wurde. Weitere bedeutendere Leinenbleichen sind: Johann Rzehak, Leinengarnbleiche in Unter-Wernersdorf, Fabrik in Radowenz, gegründet 1886; Jos. F. Posselt in Rothkosteletz, welcher Ort sich überdies durch eine grössere Zahl von Leinen- und Baumwollwebereien auszeichnet, die meist in den Jahren 1860 bis 1890 entstanden sind.

Bei der Entwickelung der Kunstbleicherei muss man indessen stets in Rechnung ziehen, dass die­selben sich in zwei Kategorien theilte: Die Leinengarn- und die Leinenwaaren-Bleichen. Bei der sich stets steigernden Vorliebe des Consums für gebleichte Waaren gegenüber der Rohwaare erfreut sich die Leinenbleicherei noch verhältnismässig der besten Prosperität und ist in der Entwickelung zu einer stetigen Vervollkommnung begriffen.

Von dem Trautenauer Gebiete, welches fast die ganze Leinen-Industrie Nordböhmens in sich con- centrirt, lässt sich noch ein Blick auf einen der ehemals berühmtesten Leinenproductionsdistricte Oesterreichs werfen, der aber schon lange von seiner früheren Bedeutung als Leinenwebebezirk herabgestiegen ist. W T ir meinen den Rumburger Bezirk, der ja die Wiege des für die erste Entwickelung der grossindustriellen Leinenfabrication so bedeutend gewordenen Hauses Hielle & Dittrich in Schönlinde gewesen ist. Die vormals so berühmten Stätten der Erzeugung der »Rumburger Leinwand«, die gegenwärtig kaum mehr die Hälfte der so geschätzten W r aare wie vor dreissig Jahren produciren, sind theils zur Baumwollfabrication übergegangen, theils aber hat die Beschäftigung der früher so zahlreichen Handweber daselbst ganz bedeutend nach­gelassen. In einer Richtung ist die Rumburger Gegend aber noch immer von specieller Bedeutung für die Leinen-Industrie, insoferne sich nämlich mehrere Firmen der Leinenzwirnerei zugewendet haben. Die kleineren Leinenzwirnereien verschwinden als selbständige Unternehmungen immer mehr, während die grösseren noch fortbestehen, die Zwirnereien aber meist anhängende Betriebe der grösseren Flachs­spinnereien bilden. Im ganzen Reichenberger Handelskammerbezirke werden nur mehr 4800 Leinen-, Zwirn- und Bindfadenspindeln gezählt.

Die Flachsspinnereien, welche ihre Garne auch zwei- bis vierfach verzwirnen, vermögen dieselben wesentlich billiger auf den Markt zu bringen, und ausserdem hat der Consum der Leinenzwirne für Näh­zwecke bedeutend nachgelassen, da ihn der billigere Baumwollzwirn, dessen grössere Gleichmässigkeit ins­besondere für Nähmaschinen sehr geschätzt wird, verdrängt. Auch der Export, der von Schönlinde aus sich hauptsächlich nach Rumänien, Bulgarien, Serbien, Italien, Griechenland und Brasilien wendet, ist in ständigem Rückgänge begriffen. An die Stelle der Leinenzwirnereien pflegen daher immer mehr Baum- wollzwirnereien zu treten, so dass auch in diesem Geschäftszweige des Rumburger Bezirkes die Baumwolle allmählich die Oberhand gewinnt.

Im Rumburger Bezirk ist hauptsächlich Schönlinde noch der Sitz grösserer Leinenzwirnereien. Eine der ältesten derselben ist die im Jahre 1842 gegründete Zwirnfabrik Anton Friedrich jun., welche nach dem Tode ihres Inhabers von der Firma Hielle & Wünsche in Schönlinde gekauft und in eine Baumwollzwirnerei für eigenen Bedarf umgewandelt wurde. Ein Neffe des erstgenannten Chefs, Carl Friedrich sen., hat seit 1897, nachdem er lange Jahre die erstere Fabrik geleitet hatte, ein neues Etablissement in kleinerem Maasstabe begründet. Auch die dritte grössere Zwirnfabrik, Jos. Müllers Nachfolger (Schönlinde), die auch eine mechanische Leinenzwirnerei in Dittersbach bei Böhmisch-Kamnitz (600 Spindeln) besitzt, hat ihren Betrieb in eine Baumwollzwirnerei umgewandelt.

Die Gross-Industrie. IV.

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