JOS. HEROLD

MECHANISCHE LEINEN-, JUTE- UND WOLLWAAREN-FABRIK

BRÜNN.

nde der Sechzigerjahre nahm die Zucker-Industrie in Folge von Erfindungen, welche den Betrieb wesentlich vereinfachten und dessen Kosten namhaft verbilligten, einen kräftigen Aufschwung. Der Consum verdoppelte sich, und dadurch entstanden viele neue Zuckerfabriken. Dieser Umstand wirkte aber auch fördernd und belebend auf alle mit der Zuckerfabrication in Berührung stehenden Industrien, und namentlich die Weberei hatte viel zu thun, um den steigenden Bedarf an Geweben für die auf­strebende Zucker-Industrie zu decken. Ein der Erzeugung dieses Artikels ausschliesslich sich widmendes Unternehmen konnte, sobald es fachmännisch und tüchtig geleitet wurde, nur prosperiren. Dies traf Alles bei der von Josef Herold und Erhardt Sichrawa zu Leitomischl im Jahre 1868 errichteten Weberei zu. Die guten Beziehungen, die das junge Unternehmen zu seinen Kunden, die zumeist böhmische und mährische Zuckerfabriken waren, unterhielt, ferner rast­loser Fleiss und emsige Thätigkeit der Gründer ermöglichten es, das in bescheidenem Umfange gegründete Eta­blissement bald zu erweitern und durch Anschaffung mechanischer Webstühle leistungsfähiger zu gestalten.

Im Jahre 1878 vollzog sich in der bisherigen Firmirung eine Aenderung. Die Firma Herold & Sichrawa wurde gelöscht; Josef Herold zog nach Brünn, um daselbst eine auf seinen Namen lautende Fabrik zu gründen, deren Einrichtung den Anforderungen moderner Textiltechnik Rechnung tragen sollte. Brünn, seit vielen Jahren der Mittelpunkt der österreichischen Textil-Industrie, bot vor Allem einen geschulten Arbeiterstand und ferner den grossen Vortheil der besseren Lage für den Verkehr im Allgemeinen. Die Production in dem neuen Etablissement wuchs bald so an, dass zu ihrer Leitung die Arbeitskraft eines Einzelnen nicht mehr ausreichte. Aus diesem Grunde trat im Jahre 1881 Leopold Himmelreich als stiller Gesellschafter der Firma bei. Im Jahre 1894 erfuhr dieselbe eine abermalige Aenderung, indem sie in eine öffentliche Gesellschaft umgewandelt wurde und gleichzeitig der Sohn des Gründers der Firma, Carl Herold, sowie dessen Schwiegersohn, Franz Wenzlowsky, in die Firma eintraten, die derselben übrigens schon lange als Mitarbeiter angehört hatten. Die Erzeugnisse der Firma sind vor Allem Gewebe für tech­nische Zwecke, und zwar P'ilterstoffe und Tücher für chemische und Zuckerfabriken, Presstücher, Presstaschen und Decken für Oel-, Stearin- und Kerzenfabriken, weiters sämmtliche Gewebe, welche als Einlagen in Gummifabricate dienen (hauptsächlich Einlagestoffe für Pneumaticreifen). Ausser diesen Geweben werden gegenwärtig alle Arten Segel für Schiffs- und andere Zwecke, z. B. für Wagendecken, Koffersegel, Schuhstoffe u. dgl., sowie schliesslich schwere Baumwoll- und Leinenwaaren erzeugt, letztere hauptsächlich für das Leinenconsortium für das k. und k. Heer, welchem die Firma als Mitglied angehört.

Als Materialien zur Erzeugung obgenannter Waaren werden vorzugsweise Jute, Baumwolle, Leinen, Hanf, Kameelhaare und diverse grobe Woll- und Haarsorten verwendet. Als Specialität erzeugt die Firma seit mehreren Jahren gewebte Baumwoll- und Kameelhaar-Treibriemen, welche durch die Gediegenheit ihrer Ausführung und vor­zügliche Haltbarkeit sehr beliebt sind und grosse Verbreitung gefunden haben. Nach vieljähriger Bemühung gelang es auch, für die Riemen, sowie für die technischen Gewebe im Auslande Absatzgebiete zu erobern.

Die Herstellung der erwähnten technischen Gewebe und Riemen ist sehr mannigfaltig und erfordert ein ununterbrochenes Studium aller Fortschritte auf dem Gebiete jener Industrien, denen sie dienen. Mühevolle, oft kostspielige Versuche müssen angestellt werden, um in diesen Artikeln jene Vollkommenheit zu erreichen, die ihren wichtigen Functionen entspricht. Dass es der Firma Herold gelungen ist, auf diesem Gebiete Hervorragendes zu leisten, beweisen die von ihr erworbenen vielen ausschliesslichen Privilegien; auch auf zahlreichen Aus­stellungen, an denen sie sich betheiligte, wie in Wien 1873 und 1890, Linz 1891 u. a. O., wurden ihre Erzeugnisse vielfach prämiirt.

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