nand von Oesterreich-Este, Otto, Franz Salvator und Wilhelm dürfen wohl als typisch für die pompöse Aus­stattung der Uniformen jener dargestellten Zeit gelten.

Die langen Kriegsjahre der Revolutions- und später der Napoleonischen Zeit brachten der Wiener Militär- Posamenterie bei der unausgesetzt fortschreitenden Ausgestaltung des österreichischen Heerwesens vollauf und ge­steigerte Beschäftigung und damit auch der Firma Thill fortlaufend bedeutende Lieferungen für die kaiserlichen Armeen, deren heldenhafte Führer, Erzherzog Carl und Feldmarschall Wurmser, sie gleichfalls zu bedienen die Ehre hatte. Zu internationalem Rufe gelangte die Firma Thill in den unvergesslich schönen Tagen des Wiener Congresses 181415, wo sie von den mächtigsten, damals in Wien weilenden Souveränen Europas durch Allerhöchste Aufträge ausgezeichnet wurde und sich auch durch eine Reihe vielbesprochener Leistungen rühmlichst hervorthat. Sensation machte damals das von der FirmaThill für den Fürsten Paul Eszterhäzy hergestellte Husarencostüm, welches ein zeitgenössischer Kenner, wie der Graf la Garde, mit seinen edelsteinstrotzenden Schnüren auf 2 Millionen Francs schätzte und dessen jedesmalige Reparatur nach dem Tragen, wie man sich damals in Wien erzählte, zwölftausend Gulden gekostet haben soll! Das ist keineswegs unglaubhaft, denn der kaiserliche Hof verausgabte täglich 50.000 fl. für die Bewirthung seiner Gäste und verbrauchte in fünf Monaten mehr als 40 Millionen für die Festlichkeiten und sonstigen Veranstaltungen des Congresses, bei dem der gesammte Hochadel beider Reichshälften der Monarchie in den Mauern Wiens versammelt war, um den europäischen Delegirten und der glänzenden internationalen Gesellschaft des Congresses in der opulentesten Weise die Honneurs zu machen, wo die Preise nicht blos für die Wohnungen, sondern sogar für Brennholz und die allereinfachsten Lebensbedürfnisse eine selbst für heutige Begriffe schwindelnde Höhe erreicht hatten und manches Wiener Gewerbe- und Fabrikshaus den Grund zur Vermögensschaffung legen konnte.. ..

In jene Zeit fällt nun die Uebernahme der Posamenteriewaaren-Erzeugung von Jos. Perls Wwe. durch den Grossoheim der heutigen Firmainhaber, den bereits erwähnten Franz Thill sen., dessen eminente geschäftliche Be­gabung und Strebsamkeit, verbunden mit einer überaus gewinnenden Persönlichkeit (Franz Thill sen. war auch Hauptmann im damaligen 2. Bürgerregiment) den Grund zu der kommenden Bedeutung der Firma legte. Welch raschen Aufschwung die Firma unter Franz Thills Leitung nahm, geht aus dem Umstande hervor, dass ihm schon 1829 der Titel eines k. k. Posamenteriewaaren-Fabrikanten und das Recht zur Führung des kaiserlichen Adlers verliehen wurde. Auch wurde die Firma schon damals mit dem Wortlaute: K. k. priv. Posamenterie- waaren-Fabrik Franz Thill protokollirt. Im Jahre 1853 trat Franz Thills Neffe, Franz Thill junior, als öffent­licher Gesellschafter in die Firma ein, deren Wortlaut gleichzeitig abgeändert wurde, indem sie handelsgerichtlich unter dem Titel: K. k. Posamenteriewaaren-Fabrik Franz Thill & Neffe eingetragen wurde. Seit 1862, nach dem in jenem Jahre erfolgten Austritte Franz Thills sen., trägt die Firma ihren heutigen Wortlaut: Franz Thills Neffe. Franz Thill jun. war bis 1886 der alleinige Inhaber derselben. Im Jahre 1886 trat jedoch dessen Sohn Carl Thill als öffentlicher Gesellschafter ein und wurde nunmehr die Firma als: K. k. Hof- und Kammer-Posa- menteriewaaren-Fabrik Franz Thills Neffe in dem Firmenregister des Wiener Handelsgerichtes protokollirt. Dass die Firma Thill, welche jedenfalls auch auf anderen Gebieten ihrer Branche zu namhaften Leistungen befähigt war, sich trotzdem seit jeher fast ausschliesslich auf die Fabrication von Militär-Posamenten beschränkt hat, mag vom commerziellen Standpunkte vielleicht nicht ganz gerechtfertigt erscheinen. Indessen hat sie zweifellos durch diese weise Selbstbeschränkung die hohe Meisterschaft auf dem ihr eigenthümlichen Gebiete erlangt. Andererseits haben die Lieferungen für den Staat und die Truppenofficiere stets die vollste Leistungsfähigkeit der Firma in An­spruch genommen, so zwar, dass einer der verstorbenen Chefs des Hauses jede anderweitige Inanspruchnahme oder Be­stellung mit den stereotypen Worten abzulehnen pflegte: »Ich danke bestens, aber ich kann absolut nicht ich habe mit meinen Uhlanen vollauf zu thun!«

Ein specielles Feld beherrschte die Firma in der Erzeugung sämmtlicher Goldsorten für die k. und k. Kriegs- Marine. Schon 1876, beiläufig zwei Jahre nach der Gründung der Officiers-Uniformirungs-Verwaltung für die k. und k. Kriegs-Marine in Pola, ergieng eine Aufforderung an die Firma Thill, um die im Offertwege zu ver­gebenden Lieferungen mitzuconcurriren. Die Firma hatte den Erfolg, die Deckung des ganzen Bedarfes zuge­wiesen zu erhalten. Sechs Jahre später, 1882, betheiligte sie sich an der Offertverhandlung über die für die Mann­schaft zu vergebenden Lieferungen, welche sie gleichfalls erhielt. Als 1891/92 an der Neugestaltung der Uni- formirungsvorschrift der k. u. k. Kriegs-Marine gearbeitet wurde, war die Firma mit der Mustrirung hiezu betraut, wie sie denn auch seit 1856 bereits an sämmtlichen Mustrirungen für das k. und k. Heer mitgewirkt hat. Eine wichtige Neueinführung erzielte die Firma bei der Marine durch ihre in echtem Gold ausgeführten Matrosen-Kappenbänder, welche ihrer nahezu unbegrenzten Dauerhaftigkeit wegen erfolgreich die früheren bedruckten und darum scheinbar billigeren zu verdrängen vermochten. Diese Bänder sind patentamtlich geschützt und seither allgemein eingeführt. Die ersten Versuche fanden auf der Corvette »Saida« statt, und erwies sich das Thillsche Kappenband in Sturm und Wetter, unter allen Himmelsstrichen, bei jahrelanger Erprobung als un­verwüstlich.

Am ausgedehntesten neben der Militär-Posamenterie betrieb die Firma Thill in früheren Zeiten noch die Er­zeugung von Livree-Borten, eines Artikels, welcher einst, namentlich im Zeitalter der Barocke, eine sehr grosse Rolle spielte und nicht nur für die Adjustirung der Dienerschaftskleider, sondern überhaupt auch in dem damals so ostentativen Luxus der feudalen Haus- und Hofhaltungen als unentbehrlich ebenso gesucht als gut bezahlt war. Auch hierin hat der Wechsel der Zeiten und der Mode, wie der socialen Verhältnisse und Anschauungen gründlich Wandel geschaffen und so ist diese einst so dankbare und nutzbringende Specialität zu einem nur mehr sehr spärlich ver­langten Ausnahmsartikel geworden.

Nicht ungünstig gestaltete sich, leider nur bis in die Sechzigerjahre, der Export in den Erzeugnissen der Firma. Seitdem jedoch im Mai 1866 das neue Punzirungsgesetz in Wirksamkeit getreten war, haben dessen

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