beseitigen. So finden wir in einer Urkunde vom Jahre 1715 besondere Schutzmaassregeln gegen den Verkauf von schleuderhaft erzeugter Waare. In diesem von Kaiser Karl VI. Unterzeichneten Schriftstück heisst es im Artikel 9: »Dieweilen viel Maisster auf dem Land die Handwerkwaar ohne vorhergehende Beschau in die Gewölber herumbtragen und denen Kramern verkauffen, und solcher Gestalts auch die schlimmen und ungerechten Waaren mit denen guten verkaufft werden können; als solle hinführo kein Maisster auf dem Land seine Handwerkswaar denen Kramern in die Gewölber verkauffen oder sonsten übergeben; sie sey vorhero von allhiesigen Zöchmaisstern ordentlich beschaut und gerecht befunden worden; da im wiedrigen einer mit unbeschauter Waar in allhiesigen Gewölbern zu verkauffen oder herumbtragen betretten würde, solche Waar allsogleich hinweggenohmen und der halbe Theil dem Bürgerspital, die andere Hälfte aber der Haubtlad verfallen sein solle; da es aber sich begäbe, dass dergleichen Maisster von dem Land einer oder mehrere ihrer Waaren ohne Beschau in die Statt verkauffen thatten, und die Haubtlad dessen her- nachgehends in Erfahrung kommete, solle ein solcher Maisster für das erstemahl zur Straff drei Gulden; thut er es zum andernmahl Sechs Gulden; zum drittenmahl aber das völlige pretium der unbeschaut ver­kauften Waar als verfallen zur Haubtlad zu erlegen schuldig sein.«

Unter Kaiserin Maria Theresia wurden wiederholt Versuche gemacht, die Handschuhfabrication auf eine höhere Stufe zu bringen, und in dieser Absicht sogar ausländische Handschuhmachergesellen nach Wien berufen. Das Bestreben war dahin gerichtet, fremdländische Handschuhfabrikate, wie die sogenannten »Milchhandschuhe«, dänische und schwedische Handschuhe im Inlande erzeugen zu lassen. Doch erst unter Kaiser Josef II. machte die Fabrication französischer Handschuhe grössere Fortschritte, obgleich es noch immer nicht möglich war, mit dem Auslande zu concurriren.

Während in Wien durch den Grenobler Handschuhmacher Stefan Jourdan 1779 die französische Handschuherzeugung eingeführt wurde, ward im Jahre 1784 von Etienne Boulogne, einem Franzosen aus Millau (Departement Aveyron), die erste französische Handschuhfabrik in Prag begründet. Die Thätigkeit desselben fand seitens der Behörde insofern Anerkennung, als ihm im Jahre 1785 vom königlichen Landes- gubernium die Befugnis zum Betriebe der ersten französischen Handschuhfabrik eingeräumt wurde. Boulogne berief 1790 seinen im praktischen Betriebe des Handschuhmachergewerbes besonders geschickten Neffen Peter Boulogne nach Prag, der nunmehr die Leitung dieser ersten österreichischen Handschuhfabrik unter der Firma Peter Boulogne & Co. übernahm und derart vergrösserte, dass schon im Jahre 1800 16.000 Paare Handschuhe verfertigt wurden.

Mit den wachsenden Ansprüchen an ein feineres Fabrikat mehrten sich indes auch die Klagen über die inländischen Fabrikate umsomehr, als seit Anfang dieses Jahrhunderts der Luxus auf dem Ge­biete der Toilette bedeutend zunahm.

»Als die Handschuhe«, sagt die Banco-Hof-Deputation im Jahre 1808, »nach dem strengen Sinne des Wortes noch das waren, was der Begriff in sich fasset, wurde bey weitem weniger gefordert. Allein jetzt, wo die Mode an der weiblichen Kleidung so vieles verkürzte und die Handschuhe zu einer wahren Armbekleidung geworden sind, fordert man feiner gearbeiteten Stoff, eine besondere Zierlichkeit im Schnitt, Eleganz der Näherey und Stickerey, und mit einem Worte grössere Vollkommenheit der vollendeten Ivaufmannswaare, welche als eines der vorzüglichsten weiblichen Kleidungsstücke anzusehen ist.« Da diese Behörde vom sittlichen Standpunkte aus die Freig'ebung der Handschuhfabrication befürwortete, weil sie meistens »Frauenzimmern aus den besseren, aber leider bedrängten, mit schmalen Einkünften betheiligten Ständen zur anständigen Subsistenz dienet folglich mittelbar auch zur Erhaltung der Sittlichkeit dienet«. Indem auch der Präsident der obersten Finanzbehörde, Graf Karl Zichy, diese Anschauung theilte, ge­nehmigte Kaiser Franz 1808 die Freigebung der Handschuherzeugung.

Seit dieser Zeit, da das Monopol gefallen, die freie Concurrenz neue Kräfte entwickelte und be­deutende Leistungen erzielte, konnten die Wiener und Prager Fabrikate einen allmählichen Fortschritt verzeichnen und einen rühmlichen Platz in der Geschichte der Handschuh-Industrie erlangen.

Die 1828 und 1836 stattgefundenen Ausstellungen in Prag haben auf die Verbesserung und Ent­wickelung der heimischen Erzeugung in wesentlicher Weise vortheilhaft gewirkt, so dass aus Böhmen bereits im Jahre 1836 um 21.666, 1837 um 30.192, 1838 um 38.064, 1839 um 41.000, 1840 um 42.500 Gulden Handschuhe ausgeführt wurden.

Das damalige Absatzgebiet ist aus nachstehender Tabelle zu ersehen.

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