Wenn auch die Wollhuterzeugung bereits ausschliesslich in dem Besitze der Gross-Industrie ist, so werden viele Wollhüte doch noch im handwerksmässigen Betriebe in Wien und auf dem Lande von den kleinen Meistern fertiggestellt; diese kaufen den Wollstumpen, formen denselben mit der Hand und machen den handwerksmässigen Hut fertig.

In den früheren Jahren wurden viel Wollstumpen aus England bezogen und in obiger Weise ver­arbeitet. Doch hat letztere Einfuhr bereits gänzlich aufgehört.

Die bedeutendsten und hervorragendsten Firmen, die sich um die fortschrittliche Entwickelung der Hut-Grossindustrie besonders verdient gemacht haben, sind Brüder Böhm (Wien und Prag), Giuseppe Bossi Nachfolger (Wien), Keller (Oberleutensdorf), J. Fluss (Freiberg, Mähren), Anton Pichler und Josef Pichler (Graz). Die beiden letzten Firmen bieten im steierischen Loden-Jagdhut eine Specialität, die nicht nur in Oesterreich, sondern auch im Auslande sehr verbreitet und begehrt ist.

Der Woll- und auch der Lodenhut wird in die österreichischen Provinzen, und in bedeutenden Mengen nach dem Auslande, auch überseeisch, und zwar besonders nach Südamerika, ausgeführt und mit Vorliebe gekauft, wozu hauptsächlich seine hübschen Formen und die gediegene Ausführung beitragen.

II. Haarfilzhutfabrication.

Unter der Benennung »Haarfilzhutfabrication« versteht man die Erzeugungsweise, bei der Haar­sorten von Hasen-, Kaninchen-, Biber- und Nutriafellen zur Anwendung kommen.

Wie bei der Wollhutfabrication, wurden auch bei der Filzhuterzeugung die Haare fast nur hand- werksmässig bearbeitet. Die verschiedenen Haarsorten wurden, nachdem sie bereits präparirt und gebeizt waren, mit der Hand und dem Fachbogen zu einem Filze gefacht.

Der Fachbogen, das charakteristische Hilfswerkzeug, das bis zur Erfindung der amerikanischen Fachmaschinen die Hauptrolle bei der Hutverfertigung spielte, wird heute von der jüngeren Generation der Hutmachergehilfen kaum mehr gekannt, verdient aber, etwas näher beschrieben zu werden.

Der Fachbogen ist ein Bogen von grosser Dimension, der in seiner Mitte mittelst eines dünnen Seiles an der Decke aufgehängt wird, um ihn nach allen Richtungen hin dirigiren zu können. Dieser Bogen schwebt über einem Tisch, dessen Abschluss eine Wand aus Weidengeflecht bildet, das dicht genug ist, um nicht mehr als die Staubabfälle und den Schmutz durchfallen zu lassen. Auf dieses Flechtwerk legt man das Haar, bringt die Saite des Bogens in die abgewogene Haarmenge und lässt selbe, ohne dass sie aus dem Haar herauskommt, vermittelst eines Schlagholzes, einer Art Klöppel von hartem Holze, an dessen beiden Enden sich ein Knopf in Form eines Schwammes befindet, spielen. Indem man die Saite mit dem Knopfe anhält und stark anzieht, springt sie von dem Knopfe ab und macht umso schnellere Schwingungen, als die Bewegung des Fächers schneller zufahrend ist. Der Arbeiter bewegt den Fachbogen aufwärts oder abwärts, vor- oder rückwärts, wie er es für nothwendig hält. Dies setzt er so lange fort, bis die Mischung so miteinander verbunden ist, dass man keine Abstufung mehr davon merken kann. Auf diese Manipulation folgt dann das, was man fachen nennt, das heisst, man schlägt das Haar mit dem Fachbogen so, dass die geringsten Theile desselben nacheinander durch die Saite gefegt, emporgehoben und von der rechten nach der linken Seite geschleudert werden, indem sie in der Luft einen Bogen von mehr als zwei Fuss machen. Der Flaum fällt sehr sanft zurück und bildet zuletzt einen Haufen von solcher Zartheit, dass der geringste Hauch ihn in einem Augenblicke wegzu­blasen vermöchte. Der Arbeiter schiebt diese lose Haarmasse vermittelst eines Flechtwerkes von seiner Linken und facht zum zweiten Male, aber mit einer solchen Geschicklichkeit, dass das Ende in den Raum einer bestimmten Figur dergestalt herabfällt, dass die Schichte eine Dicke, je nachdem es nöthig ist, bekommt. Ist dies geschehen, so nimmt man die Fache weg, reinigt den Tisch, feuchtet ihn an und schreitet nun zum ersten Grade des Filzens, das Zusammenschlagen genannt wird. Diese ganze Manipulation mit dem Fachbogen ist durch die Erfindung und Einführung der Blas- und Fachmaschine, ausgenommen bei einzelnen Massenhüten, gänzlich verschwunden. Wir haben es nur ausführlich beschrieben, damit die jüngere Generation dieses historische und charakteristische Verfahren in Erinnerung behält.

Ausser den bereits erwähnten Blas- und Fachmaschinen werden auch mit grossem Erfolge Walk­maschinen, Hutpressen für Rand und Kopf, Faponnir-, Scher-, Anform- und Dressirmaschinen, Maschinen zum Randbeschneiden, Bügel-, Tourmaschinen u. s. w. angewendet. So wird die Haarfilzhut-Erzeugung zum grossen Theile fabriksmässig betrieben.

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