3. Die letzten Jahre in Verona
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Persönlichkeit, mit dem Opfer seines Heimes und seiner Lieben gefördert, ging der Kampf: um die Vollendung des Eisenbahnnetzes in der Lombardei und in Venetien, um den Bau der Schienenwege nach Tirol und gegen Qörz; um die Ausführung der Bahn von Mantua aus gegen Parma, Modena und Rom — um diese und viele andere wichtige Fragen, die wir schon kennen gelernt und die für Österreich politisch, militärisch und wirtschaftlich wichtig erschienen... es ist ein Kampf gegen die unheimlich wachsende Verwirrung im staatlichen Leben, die wie ein schwerer Alp jede wirtschaftliche Entwicklung behinderte, gegen die Lauheit der Regierung, die bis zur Trägheit, bis zur Erlahmung aller Entschlußkraft auszuarten drohte — aber auch gegen offene und heimliche Gegner, gegen Mißgunst und Neid ...
Diese letzten Jahre in Verona sind ein ergreifendes Drama, das aus dem düsteren Hintergründe der staatlichen Zustände Österreichs in jenen Zeiten, mächtig ans Herz greifend, heraustritt... Schon verzagend an dem Erfolge seiner Bemühungen, aber den Kampf mutig fortsetzend, sieht Negrelli unverhofft seinen Stern hell auf- leuchten; froher Zuversicht voll, die Gunst der Verhältnisse nützend, seine ganze Tatkraft einsetzend, schreitet er siegreich empor, um, nahe einem kaum geahnten Ziele, ahnungslos dem Anstürme der Gegner, die seine Abwesenheit aus Österreich klüglich ausnützen, zu unterliegen — so endet mit einem unerwarteten Schluß, nicht in allen Einzelheiten voll aufgeklärt, das Drama, an das sich eine neue, die bedeutsamste Tat Negrelli’s anschließt: die geistige Schöpfung des Suezkanales...
In Briefen Negrelli’s an sein Weib, an seine Freunde in der Schweiz, an den Bankherrn Revoltella in Triest — in Briefen Radetzky’s und Bruck’s an ihn — in Aktenstücken und Urkunden, die sein Nachlaß umschloß, spielt
Birk, A. v. Negrelli, II.
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