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und warum, alles das bleibt eine ungelöste Frage. Sein Ab­nehmen und sein Untergang waren so langsam, so unmerklich, dass er auf einmal weg war, ohne dass man wusste, wohin er gerathcn sei. Ich meine, die meiste Schuld an dem gänzlichen Ver­falle des Wiener Schusterbuben trägt das Jahr 1848. Es brachte uns viel Gutes, raffte aber mit vielen Uebeln auch manches heimat­liche, echte, lustige fort. Der Schusterbube spielte nach dieser Revolution keine kleine Rolle. Er wurde da fast tragisch; er kämpfte auf den Barrikaden, er schleppte grosse Watten mit sich, er schoss aus den Dachlucken, und er fiel als kleiner, schmutziger Held, mit einem Witze oder einem Schimpfnamen auf den Lippen. Der Schusterbub 1 von heute ist vor allem ein Böhme; er ist noch schmutzig, aber nicht mehr witzig; roh, aber nicht mehr lustig; er nimmt den Knieriemen und die Meisterin ernst.

Eine zweite fast ausgestorbene Wiener Spezies, eine fröhliche, hübsche Gestalt war das Wäschermädel.

Man erinnert sich noch der drallen, kecken, reizenden Figuren voller Jugendfrische, Uebermuth und Gutherzigkeit. Das gelbe ge­tupfte Kopftüchlein um den glänzenden glatten Scheitel gewunden, den schönen Oberkörper in das stramme, schwarze Leibchen ge­zwängt; übereinem halben Dutzend reschgesteifter laut rauschender bliihweisser Unterröcke den ebenfalls starrgesteiften rosenfarbenen Perkail-Rock; und an den Füssen die nettesten Stiefelchen von der Welt. So tänzelte sie durch die Strassen, die Butte mit den Steif­röcken auf dem Rücken, die Arme in die Seite gestemmt, den Bekannten im raschen Gange ein lustiges Wort zurufend oder einem kecken Stutzer ein unnachahmliches Mienenspiel zum Besten gebend. Und Sonntags da war sie die Erste auf dem Tanzboden, mit ihrem Schani vom Grund, und war die Lauteste und Lustigste da, sich drehend wie ein Kreisel, (mit den Steifröcken) rauschend wie ein Ilerbstgebiisch und unerschöpflich in Vierzeiligen wie eine neue Ausgabe von Castelli.

Und jetzt! Man sehe jetzt die Wäscherin an, welche für unserelinge sorgt! Es sind knochige, alte Weiber, mit welken,