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den frisclivothen Lippen und den .schneeigen Zähnenmordionisch aufgewichst, die Augen funkelnd vor Uebermuth und Jugendlust, die Lederschirmmütze auf dem linken Ohre, das giftbeerenrothe Halstuch flatternd um den Uemdkragen herum, das grosskarrirte Beinkleid stramm angespannt, die Virginier im Munde, einen Kraftnamen auf den Lippen, das war der Strizzi von ehemals; manchmal fleissig, wie ein Ackergaul, dann wieder faul, wie ein Lazzaroni, immer freigebig und immer verliebt, und stets raufbereit ; zuletzt heirathete er stets seine Wäschersali, und wurde solid, und sogar streng mit seinem Sohne. Aber der Strizzi von heute! Er hat dieselben Eltern, wie der frühere: den reichen Greissler oder die rangirte Fratschlerin; sein erstes Geschäft ist das Schuldenmachen. Auch er ist anfangs soi-disant Fleischhacker, Kutscher, oder Holz­schieber aber er arbeitet. Seine Kleidung ist verwahrlost und fleckig denn er hat keine Geliebte mehr, welche wäscht oder näht; seine Gefährtin ist ein schreckliches Kloakengeschöpf. Nachdem er seine Eltern ruinirt hat, muss er zu arbeiten an­fangen oder er wird daher Kosak. Er betrügt im Kartenspiel oder benützt die Trunkenheit der Anderen, um die Zeche zu changiren. Endlich, nachdem er viele Colissionen mit dem Strafgesetzbuch be­standen, wird er alt und bereut, indem er sich dem Schnapstrunke ergibt.

Ein Wiener Typus, welcher sich unvermindert erhält, oder vielmehr sich von Jahr zu Jahr noch vervielfältigt, erweitert und vervo 11 kommt, ist die böhmische Köchin, Marianka. Marianka hat immer eine aufgestülpte Nase, und ihr Geliebter heisst immer Wenzel, ist stets beim Militär, und nur ausnahmsweise bei der Entreprise des pompes funèbres. Marianka ist stets hochbusig, hat breite Schürzen und eine noch breitere Taille. Sie dient nie beim Handwerker und nie beim Adel, sondern immer beim Beamten oder Kaufmann. Ihre vom Herdfeuer gerötheten Arme liebt sie entblösst zu tragen. Sie ist immer zur Vertheidigung gerüstet mit Ellbogen und Mundwerk, auch wenn sie von gar Niemanden belagert wird. Es ist dies eine rührende Selbsttäuschung der Hässlichkeit.