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Mangel an wirklichen echten Talenten. (Die mit der eingerissenen berechnenden Theatersucht junger Damen, die sieli vor allem zeigen wollen, immer seltener und seltener werden). Daher das ewigealler et venir an dem einst so ruhigen, grossartigen Institute. Wirklich pietätsvolle, echte Künstler hat das Burgtheater »

nur noch eine kleine Zahl aufzuweisen. Die Uebrigen, trotz aller I

Genialität und trotz allerbeaux moments sind schon viel zu !

sehr eomödienhaft agitirt, viel zu sehr ins Recensentenwescn ver­strickt, haben zu zahlreiche Nebenabsichten und Nebenschwächen und vor allem Eifersüchteleien, um jemals jenes klare Künstlertlmm zu erringen, welches einst dieses erste Institut Deutschlands aus­zeichnete und zur Musterbühne machte. An echten Künstlern hat das Institut vor allem noch Laroche. Das Alter hat diesem rüstigen Veteranen wenig an, da sein Fach, das Characterfach mehr die geistigen Vorzüge als die äusseren bedingt. Er ist noch immer unübertroffen in den klassischen Oharges Shakespeares, und unseren >

deutschen Lustspielmatadoren. Seine tragische Meisterleistungen hat er unbegreiflicher Weise aufgegeben, obwohl der jetzige Dar­steller des Cromwell, Philipp des II., des Mephisto nicht mehr physiche Mittel besitzt, als der hohe Greis. Eben sein Cromwell in den Raupachschen Dramen und in Laubes Montrose, ebenso sein König Philipp und sein Mephisto werden wohl dem Wiener nicht wieder ersetzt werden, ji | An Damen hat die junge Generation vorzügliche Künstlerinnen

[ij aufzuweisen. Da ist vor allem Fräulein Wolter. Sie ist eine

Heroine von erschütternder Kraft in den Scenen der höchsten Leidenschaft.

Sie hat in jeder Rolle einen Gipfelpunkt, wo sie hinreissend wirkt durch die Gewalt ihrer Begeisterung oder ihrer Dämonie. *

Man vergisst dann ganz auf die etwas kühlere Färbung in den übrigen Szenen, wo die Schauspielerin die sanftere Weiblichkeit oder die Ahnungslosigkeit zur Geltung zu bringen hätte. Aber eben diese Sehattirung in ihrem Spiele verleiht ihren Gestalten einen so unbeschreiblichen Nimbus der Wahrheit. Es spricht daraus

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