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eine so heftige, richtig fühlende Seele, dass man das stets miter- lebt, was die Künstlerin dem Dichter nachfühlt.

Frau Gabi llon ist ein Unicum in der Wiedergabe weib­licher Intriguantinen. Man hat nie eine Schauspielerin gesehen, welche feiner zu höhnen und besser zu hassen versteht. Die be­rühmtesten sogenannten A n s t an d s dam cn , welche seit Jahren auf den deutschen Theatern agierten, waren niemals das, was Frau (iahillon ist. Sie erst hat Köllen geschaffen, die schon lange vor ihr geschrieben waren: eine Marwood in der Sarrah, Sampson, eine Pompadour, und die französichen Marquises a mouches. Sie hat ein eigenes Fach kreirt auf der deutschen Bühne: den an- muthigen, schönen, verfiihrerschcn, weiblichen Franz Moor. Nur die Pariser haben etw'as ähnliches in der Augustine Brohan, welche aber für die energischen, deutschen Partien der Gabilion zu wenig tragische Kraft besässe.

Frau Strass m a n n , die berühmte Brunhilde Miinchens, Bremens und Leipzig'», die beste Iphigenie, die erste Thusnelda der deutschen Bühne, wird leider mit Rollen erdrückt, die einst den iitilites angewiesen waren. Sie hat einen schweren. Stand in Wien und in der hiesigen Journalistik keinen einzigen Freund.

Eine Perle der Ilofbühne ist Fräulein Bognar. *) Die ich möchte cs nennenlyrische Tragik ist niemals keuscher, poetischer wieder gegeben worden. Die Bognar ist eine seltene Künstlerin, denn sic hat genau so viel Geist als llerz, genau so viel Noblesse als Natürlichkeit, genau so viel Anmuth als Feuer. Jede ihrer Rollen ist eine ureigenthUmliche, stets wunderbar schöne Schöpfung.

Fräulein Baudius als naive und muntere Liebhaberin ist eine bedeutende Künstlerin, die in ihren Rollen ihre schönen Augen eben so vortheilhaft zu verwenden versteht, wie die Direction ihr Talent.

') Ist inzwischen aus dem Verbände des ßurgtheaters ausgetreten.