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Keine Schlösser auf der ganzen Erde sind so gesättigt mit historischen Reminiseenzen,wie das Schloss des böhmischen Adeligen; überall hat da ein Herrscher geruht, und überall hat da ein Ahn­herr eine grosse That vollbracht.

Der polnische Adel ist in Wien seltener zu tieften. ^Er hat sich seit einem Jahrhunderte ein wenig ostensibel zum Landbauer gemacht. Seine Schlösser sind nicht mehr reich, sein Land selber hat eher einen Rückschritt gemacht im Comfort. Und dennoch hält sich der polnische Adel mit Vorliebe in seinem Lande auf. Er sucht nicht den Hof. Er lebt in Erinnerungen, wie ein Greis, welcher beim Ilochzeitsfeste seines Enkels auf seiner Stube bleibt. Der polnische Adelige war von jeher nur in dem Leben zu Hause, wo er Aus­sicht hatte, der Erste zu sein. Der Pole hat einen unerschöpflichen Fond von edelster Ehrsucht in sich. Seit der Theilung findet er die beste Stätte dafür in seinem heimatliliehen Herrenhaus. Dort bewahrt er sich die gute Tradition; er lebt mit vollen Zügen, er pflanzt die Etiquette des starken August fort und er spricht französisch mit der reinen Niiance von Frankreich. Seine Sommer­reise macht er stets nach Paris, und seine Gattinen holt er eben­falls lieber von den Franzosen als von den Deutschen. Seine edelsten Kamen sind mit den edelsten Namen von Frankreich verschwistert und verschwägert, und wenn man ihn sprechen will, muss man in seine Hcimath selber reisen, wo man ihn sicher trifft, in einem einsamen Edelhause, in welches man sich durchfragen muss an armen Hütten vorüber und durch eine kleine Ringmauer von Schlossjuden.

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Diess ist der alte, grosse Adel Oesterreichs. Nach diesem kommt der Nachwuchs desselben zur Betrachtung. Der junge Adelige, sei er nun was immer für einer österreichischen Nationalität angehörig, ist gewöhnlich in seinen unverheiratheten Jahren Offizier. Ist er reich, dann ist er Husar oder Uhlane, ist er minder begütert, dann ist er Jäger, der ärmere junge Adelige ist