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Infanterie - Offizier. Immer aber dient er dem Kaiser, so lange er frei ist von Verpflichtungen gegen seine Familie. Es ist dies eben sowohl Herkommen, als auch persönliche, echte Loyalität. Der junge nobleman in Oesterreich will sich stets sein Wappen neu verdienen sei es auch nur in einer einzigen Schlacht. Er muss sein junges Blut auswallen lassen, für eine Geliebte und gegen einen Feind. Selbst der adelige Jüngling von der phlegmatischesten Sorte wird durch die usance dazu gebracht.

Manchmal freilich wohl ist diese unausbleibliche Offizierslauf­bahn eine sogenannte Zwickmühle für unentschiedene Charactere, und dieselben fallen dadurch in die Schulden und in die Aus­schweifung. Aber die besseren Seelen erhalten dadurch gleichsam zum zweitenmale den ihnenschon angebornen Kitterschlag. Und die Armee des Kaisers, in der sich die besten Namen des Reiches in voller Jugendfrische als Gemeine, als Chargen und als Offiziere tummeln, erhält dadurch eine Art von LUstre, der selbst die traurigsten Kasernen gleichsam parfümirt.

An diesem alten Geburtsadel schliesst sich in Oesten eich eng der Militär-Adel an.

Das Avancement zu den höchsten militärischen Stellen ist Jedem offen, und viele Generale sind die Söhne einfacher Bauern oder bescheidener Bürger. Sobald aber der Bauerssohn Stabsoffizier ist, ist er auch dem höchsten Adel des Landes gleichgestellt, und sein Haus bildet einen Sammelpunkt der besten Welt, ebensowohl wie das Palais des Bischofs oder des Prinzen.

Der Militärsadel führt den lautesten Salon des Landes. Die Gäste tragen alle glänzende Uniformen und grosse Schnurbärte, und die ärarischen Damen, welche hier die Honneurs machen, sind voll freien Humors. Dieärarischc Dame (von der Oberstin aufwärts) ist meistens selber von militärischen Blute, und nimmt an den Schicksalen des Regimentes insbesondere und der Armee im Allgemeinen den verständnissinnigsten Antheil. Sie ist bei Hofe empfangen, und hat daher die Leichtigkeit des Iloflebens in ihren Empfangsmanieren, selbst wenn sie selber die Tochter eines btirger-