nicht eingebürgert, obgleich die prächtigsten Gegenden der Voralpen gewissermassen vor den Thoren Wien’s liegen. Der Wiener fühlt sich eben nirgends wohl, als in der nächsten Nähe Wien’s.
Wahrscheinlich wird aber auch diese Geschmacksrichtung ihre wesentliche Veränderung erleiden, mit dem alljährlich immer grossartiger werdenden Aufschwünge Wien’s als Handelsstadt.
Vielleicht keine Stadt des europäischen Continents ist in so hohem Grade berufen, ein Sitz des Grosshandels, ein Stapelplatz des Welthandels zu sein, wie Wien.
Als Wasserstrasse übertrifft die Donau, aus dem Herzen Deutschlands kommend, selbst den Rhein, indem ihre bedeutendere Wassermenge und ihre grössere Tiefe den Transport schwererer Lasten in einem Fahrzeuge erlauben, und daher billigere Frachtsätze möglich sind. Sie bildet die natürliche Verkehrsader Mittel- Deutschlands mit Siid-Ost-Europa und dem Orient. Wien ist an der Donau nun der letzte vorgeschobene Posten industrieller Production, während hier dagegen die Rohproductc der Donauländer ihren natürlichen Stapelpunkt haben, von wo aus sie in ihr Consum- tionsgebiet verladen werden. Ebenso ist Wien für den Handel Nord-Ost-l)eutschlands mit Italien die natürliche Zwischenstation. Für den Getreidehandel, für Schafwolle, Felle und Leder, für Wein und die sonstigen Landesproducte der Donaugegenden bildet mithin Wien den Centralmarkt. Von der Bedeutung dieses Handelsverkehrs legen daher auch die in Wien einmündenden Eisenbahnen ein sprechendes Zeugniss ab. Die Kaiser Ferdinands - Nordbahn, welche Wien mit dem Königreich Böhmen verbindet und den Verkehr mit Norddeutschland vermittelt, namentlich von den Ostseehäfen Importartikel herbeiführt, und österreichische Producte nach dieser Richtung hin befördert, dient besonders dem Getreide-Export nach Norden hin, wogegen sie nach Wien schlesische, und böhmische Kohlen, Zucker und die industriellen Artikel der böhmischen Industriebezirke führt. Ebenso zeigen die Südbann, welche den Verkehr mit Italien und die Häfen des adriatischen Meeres ver-