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17 Dutzend Kragen im Tag steppt, verdient Kr. 2'«>4, das heißt sie bekommt 12 H. sür ein ganzes Dutzend Kragen steppen. Eine Hemd- näherin, die täglich 18 Hemden näht, verdient Kr. 2'l«>.

Weit übler sind jene Mädchen daran, die bei der Meisterin auch Kost und Quartier haben. Sie bekommen in barein Geld nur 8 bis 4 Kr., selten l! Kr. in der Woche. Die tägliche Arbeitszeit dieser Mädchen beträgt ost 14 Stunden, sie arbeiten von 6 Uhr srüh bis 12 Uhr mittags und von 1 Uhr nachmittags bis 9 Uhr abends. Diese Mädchen schlafen oft zu zweien in einem Bett und müssen noch verschiedene Hausarbeiten verrichten und bei Nacht waschen.

Das eben beschlossene Gesetz über die Nachtarbeit der Frauen wird diesen Arbeiterinnen keine Erleichterung bringen, da es sich nur auf Betriebe mit mehr als 10 Personen erstreckt. Sonst beträgt die Arbeitszeit bei den Zwischenmeistermnen, wo die Mädchen abends nach Hause gehen, 11 Stunden. Uebcrstunden bis 8 Uhr und auch bis 9 Uhr abends werden gemacht und wird für eine Stunde 1t> bis 20 H. bezahlt. Wenn man in Betracht zieht, das; diese Löhne nicht das ganze Jahr verdient werden, das; in der toten Saison ost zwei bis drei Tage in der Woche ausgesetzt wird, so kann man sich eine Vorstellung van der Lebenshaltung dieser Arbeiterinnen machen, die oft eine Lehrzeit von zwei bis drei Jahren durchgemacht haben.

Die Dauer der Lehrzeit beträgt nach den Genossenschaftsbcstim- mungen der Wäscheivarenerzeuger zwei bis höchstens vier Jahre! Er hält das Mädchen Kost, Quartier und Kleidung von den Eltern, so dauert die Lehrzeit in der Regel zwei Jahre. Gibt die Lehrfrau die Kost oder Kost und Quartier, so wird die Lehrzeit auf zweieinhalb bis auf drei Jahre ausgedehnt.

Viele Arbeiterinnen wissen aus eigener Erfahrung, ivie wenig während der ersten Hälfte der Lehrzeit gelernt wird. ES gibt Lehrmädchen, die alle Hausarbeiten machen, Kinder spazieren tragen und noch verschiedene andere, mit dem zu erlernenden Berufe in keinem Zusammenhang stehende Arbeiten verrichten müssen. Wenn dann die Lehrzeit beendet ist, kann die ausgelernte Arbeiterin ost nur eine Teilarbeit. Denn je mehr die Mersterm das Mädchen auf eine einzige ausschließliche Arbeit trainiert, um so rentabler ist ihr das Halten von Lehrmädchen. Daß aber so schlecht vorgebildete Arbeite­rinnen Jahre brauchen, bis sie geübte Arbeiterinnen iverden und einen höheren Lohn erlangen, leuchtet ein.

Nach diesen wahrheitsgetreuen und jeder Arbeiterin nur zu bekannten Feststellungen über ihre Lohnverhältnisfe kann man wohl ohne Uebertreibung sagen, daß die oben zitierten amtlichen Fest­stellungen im Deutschen Reiche auch auf die gegenwärtigen Verhältnisse anzuwenden sind. Wer nie gearbeitet hat, wer nie Tag um Tag hetzen mußte, um sich Brot zu verdienen, um sich zu be­kleiden, um ein schützendes Dach zu haben, kann nicht die Qualen einer Arbeiterin ermessen, die im Bewußtsein ihres ganzen Elends die Wahl hat, entweder die Liebenswürdigkeiten und Annäherungen des Vorgesetzten zu dulden oder arbeitslos zu werden, durch unerträg-