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II.
Arbriterinnenlöhne.
P o r z e l l a n ci r b e i t e r i n n e n.
In Nordwestbühmen ist die Porzellanindustrie zu Hause. Van den vielartigen ttzcgenständeu, Luxus- und Gebrauchsartikeln, die in den Schaufenstern zur Schau gestellt, oft das Entzücken der Vorübergehenden hervorrufen, könnte ivohl jeder einzelne eine Geschichte erzählen von dein traurigen Tasein der Arbeiterinnen, die an seiner i Entstehung mitgewirkt haben. Tenn wahrlich nicht beneidenswert ist das Los der Porzcllanarbeitcrinncn. Bon den 27.000 in der Porzellanindustrie beschäftigten Personen sind mindestens 10.000 Frauen ; und Mädchen. Im Karlsbader Bezirk arbeiten in dieser Industrie ^ Prozent Frauen, also fast die Hälfte aller Beschäftigten. Tie
' Frauen haben von jedem Arbeitszweig Besitz ergriffen. In der
> Trcherei, die lange als ausschließliche Männerarbeit gegolten hat, dominieren sie genau so wie in der Malerei. Mancher Mann wurde durch ein junges Mädchen verdrängt, nicht weil sie tüchtiger, sondern
' iveil sie billiger ist. Arbeitsleistungen, für die dem Maler 20 H. bezahlt , werden muhten, macht die Malerin um 14 H. Der Turchschnitttzlohn der Arbeiterinnen beträgt im Akkord Kr. 9'9->, im Zeitlohn Kr. 7 4«>. j Mädchen von 14 Jahren angefangen arbeiten 10 Stunden täglich. ' Die Staubentwicklung ist ungemcin groß, die Luft ist sehr schlecht,
> die Arbcitsräume oft nicht ventilierbar. Ist es da zu verwundern, ! das; die Trehcrinnen, die den meisten Staub zu schlucken haben, ' ebenso ivie die Dreher ein Durchschnittsalter von nur >44 Jahren i erreichen? Kann man sich einen Begriff machen, wie jammervoll das
Dasein dieser Arbeiterinnen ist? Wie notwendig wäre ihnen eine , kräftige Ernährung, viel Aufenthalt in frischer Lust und einige Wochen t im Jahre Erholung. Wehe aber. wenn der Arbeiterin Gelegenheit zur Erholung gegeben ist, denn dann ist sie arbeitslos und hat auch e nichts zu essen'.
! Textilarbeiterinnen.
Tie österreichische Textilindustrie beschäftigt nach der Betriebs- zählung von 1902 in der Fabriksindustrie 100.401 — 49'19 Prozent Arauen und Mädchen, in der Textilhausindustrie 104.870 --- 99 48 Prozent. Zusammen also 271.241 Frauen und Mädchen. Spulerinnen, ' Weberinnen, Spinnerinnen tauchen vor uns aus. Samt und Seide, . wundervolle Leinengewebe werden ihrem Fleiße, ihrer Geschicklichkeit verdankt. Aber auch Kattun und Barchent, die Kleider der armen Leute sind ihre Produkte. Wie aber wird die nützliche, unentbehrliche, . für Arm und Reich segensreiche Tätigkeit der Textilarbeiterinnen gelohnt? Ihr Elend ist sprichwörtlich. Einigen wenigen mit halbwegs - auskömmlichen Löhnen stehen die vielen Tausende gegenüber, die vielfach nur eine Krone und oft noch weniger im Tag verdienen. Lange Arbeitszeit und schlechte Löhne gehen fast immer Hand in ; Hand, so auch bei den Textilarbeiterinnen. Elfstündige Arbeitszeit und Wochenlöhne von sechs bis sieben Kronen haben viele Tausende.
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