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Die Comptoiristinnen und Maschinschreiberinnen, die Steno» ttzpistinnen sind um nichts beneidenswerter, da die praktischen Unter­nehmer sie ja nur deshalb verwenden, weil sie billiger und wider- standsunsähiger wie die Männer sind.

Dieses ohnehin schon trübe Bild hat eine noch häßlichere Schattenseite; an die schick gekleideten Jntelligenzarbeiterinnen, vor­nehmlich wenn sie ein hübsches Aeußere haben, drängen sich so manche Herren der bevorzugten Klasse, faulenzende Söhne reicher Leute heran, und meinen, der Schreibmamsell oder dem Telephon­fräulein iver weiß ivas für Ehre zu erweisen, wenn sie sich ihnen nähern. Und leider, die Not, der schlechte Lohn und die Anfor­derung, trotz alledem besser gekleidet Hu sein, ist es oft, die viele scheinbar Beneidenswerte denfeinen" Herrn in die Arme treibt, um diesen ein angenehmer Zeitvertreib, ein Gegenstand des Vergnügens zu sein.

Doch Geduld, auch diese Armen sind zum Teil schon zur Er­kenntnis gekommen, auch sie lernen einsehen, daß sie von den gesell­schaftlich über ihnen Stehenden nur Engherzigkeit, Egoismus und Brutalität zu erwarten haben. Die Erziehungsmethode und langjährige Gewohnheiten tragen die Schuld, daß es noch einen Teil Arbeiterinnen gibt, die sich schämen, sich zu ihren Schwestern in den Fabriken und Werkstätten zu bekennen; auch bei ihnen wird es Licht werden. Die Klassengegensätze werden immer schärfer, der Kampf, der zwischen dem Proletariat und dem Unternehmertum entbrannt ist. erfaßt immer weitere Kreise; auch diejenigen, denen man vor­geheuchelt hat, daß sie Besseres sind als die Arbeiter in der Bluse und die Arbeiterin im Kittel, werden durch die rücksichtslose Ausbeulung, die auch an ihnen in hervorragendem Maße geübt wird. verstehen lernen, auf welcher Seite ihre Spinpathien sein müssen. Die heute noch in Unkenntnis und Unklarheit befindlichen weiblichen Angestellten werden auch dadurch, daß ihre Brüder, Väter und Gatten immer mehr in die Neihen des Proletariats gedrängt werden, ihre Klassenlage begreifen lernen. Die ausgebeuteten Frauen und Mädchen können Mit ihrem Denken und Fühlen nicht allewig bei ihren Feinden, bei der sie ausbeutenden Klasse bleiben. Und wenn diese Frauen die eigene Ausbeutung noch nicht einsehen wollen und ein Teil sich durch hohle Phrasen über ihre bevorzugte gesellschaftliche Stellung täuschen läßt, so weiden diejenigen, bei welchen die Jugend entschwunden ist, die allei n, ohne Stütze, ihren Lebensunterhalt suchen müssen, zu denken beginnen. Sehen sie doch, daß sie, wenn eine Gesellschaft oder irgend ein Unternehmer sie nicht mehr braucht, weil sie zu alt und schwach geworden sind, rücksichtslos, trotz der langjährigen Dienst- zeit, dem Elend preisgegeben werden. Nur junge, kräftige Mädchen und Frauen lieben die Unternehmer; entschwindet die Jugend, dann wird nach Gründen gesucht, um die Entlassung scheinbar zu recht­fertigen; häufig benützeii auch die Unternehmer die Gelegenheit, der Arbeiterin die Bedingung zu stellen, daß sie bleiben kann, aber auf einem minder bezahlten Posten. Das ist der Unternehmer-