CARL HESS

K. K. PRIV. SCHAFWOLLWAAREN-FABRIKEN

BIALA.

m 8. August 1849 errichtete Carl Friedrich Hess, der Vater des jetzigen Chefs dieses Etablissements, zu Biala eine Weberei. Entsprechend dem geringen Capitale, über das der Gründer verfügte, waren die Anfänge des Unternehmens klein und bescheiden. Eine Werkstätte, in der zwei Handwebstühle von drei Arbeitern bedient wurden, war der Ursprung des heutigen Etablissements, das gegenwärtig hunderte von Arbeitern beschäftigt und dessen Absatzgebiet sich über ganz Europa erstreckt. Zur Zeit, als Carl Friedrich Hess nur auf Kunden aus der nächsten Umgebung rechnen konnte, stand die Textil-Industrie, deren Anfänge in vielen ihrer Zweige kaum über das erste Decennium unseres Jahrhunderts zurückreichen, bereits in kräftiger Blüthe.

Bei dieser Sachlage konnte es einem so fachtüchtigen und streng reellen Geschäftsprincipien huldigenden Manne, wie Carl Friedrich Hess, nicht an schönen Erfolgen fehlen, und entsprechend der gesteigerten Nachfrage traf er die nöthigen Erweiterungen in seinem Etablissement. Das Personale wurde vermehrt und beträchtliche neue Investitionen vorgenommen. An grössere Umgestaltungen, an eine Production in grossem Maassstabe, war noch nicht zu denken, zumal sich das ganze Etablissement noch in gemietheten Räumen befand.

Im Jahre 1859 führte C. F. Hess in seinem Unternehmen eine eigene Streichgarnspinnerei ein, deren Er­zeugnisse mit beitrugen, den Ruf der Firma zu festigen und in immer weitere Kreise zu tragen. Denn als im Ver­laufe der Siebzigerjahre die glatte Streichgarnwaare immer mehr uncf mehr mit Surrogaten verfälscht wurde, blieb die Firma Carl Fless ihrem alten erprobten Principe unentwegt treu und verarbeitete auch weiterhin ausschliesslich reine Schafwolle für ihre Erzeugnisse.

Mitte der Sechzigerjahre vollzog sich ein Ereignis, das revolutionär auf dem Gebiete der Handweberei wirkte die Einführung mechanischer Webstühle. Carl Friedrich Hess erkannte mit sicherem Blicke die grosse Gefahr, die darin seinem so glücklich sich emporringenden Etablissement entstand, dass mit der Verwendung der mechanischen Webstühle der Handweberei ein nahes Ende gesetzt sei. In einzelnen industriellen Betrieben waren bereits etliche 30 Jahre früher die mechanischen Webstühle in den Spinnereien aufgestellt worden, und mochte deren Betrieb auch damals noch ein schwieriger und umständlicher sein, so trat doch der Unterschied zwischen dem alten und neuen Verfahren krass hervor, wobei es einsichtigen Männern nicht entgieng, dass der menschliche Erfindungsgeist sich mit Eifer auf das neue Gebiet werfen und bald Verbesserungen und Vereinfachungen ersinnen werde, wodurch eine Massenproduction und im Zusammenhänge damit eine Verbilligung der Erzeugnisse eintreten werde, gegen welche die Handweberei rettungslos verloren war. Carl Friedrich Hess musste sich den Neuerungen anschliessen, wenn er nicht den so viel versprechenden Fortbestand seines Etablissements in Frage stellen wollte. Im Jahre 1867 führte er denn auch die mechanische Weberei ein, zu welcher er im Jahre 1873 die Appretur gesellte.

Fünfundzwanzig Jahre waren seit der Gründung verflossen, während welcher Carl Friedrich Hess in rast­loser Thätigkeit und unermüdlichem Fleisse seinem Etablissement Ansehen und Bedeutung erwarb, als im Jahre 1875 abermals eine Umwälzung in der Fabrik sich vollzog. Wie die Entwickelung der Fabrik in dieser Zeit allmählich von Stufe zu Stufe sich hob, wie Carl Friedrich Hess durch keine Ueberhastung dem Unternehmen schaden wollte, indem er sich in keine gewagten Unternehmungen einliess, stets bestrebt, die Reformen und Neugestaltungen in seiner Fabrik nur nach der gesteigerten Nachfrage zu treffen, nie aber diese künstlich durch jene in schädlicher Weise zu beeinflussen, so stieg auch langsam, allmählich aber sicher, die Rentabilität des Etablissements, und erst im Jahre 1875 war der Geschäftsherr in der Lage, mit Sicherheit an die Gründung einer eigenen Stätte zu denken, in welcher er seine Fabrication ungehemmt durch die Bedingungen eines lästigen Miethcontractes durchführen konnte.

Zudem bot sich der Realisirung seines Planes eine günstige Gelegenheit, indem damals ein in Biala be­stehendes Fabriks-Etablissement zum Verkaufe angeboten wurde.

Carl Friedrich Hess brachte es auch in der That käuflich an sich; durch die Umsiedelung wurde seiner bisher schliesslich doch nur eng begrenzten Production freie Bahn geschaffen. Der ganze Betrieb erfuhr eine bedeutende Vergrösserung; die bisher verwendeten Maschinen und Apparate wurden wesentlich vermehrt, theils

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