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I. In Italien (1848—1855)
wie ihm tausend kleine Aufmerksamkeiten erwiesen wurden, wie man das Bild seiner Lotti mit Blumen geschmückt habe, wie seine Eltern nicht sterben wollen, ohne sein Weib gesehen zu haben — schreibt ihr von dem herrlichen Obst im Hausgarten, von dem hundertjährigen Rebenstock, der die Südfront schmückt, und dessen Trauben nicht berührt werden durften, bis er die Erstlinge gepflückt — schreibt ihr von den Honigtrauben, die alle Baikone überschatten, und bedauert nur, daß sein Weib und seine Kinder nicht hier mit ihm davon pflücken können! Er hat nach Primiero nützliche Geschenke mitgebracht, die Freude bereiten; die Mutter schickt als Dank dafür der lieben Lotti „eine Haarlocke eines gewissen Louis, da er drei Jahre alt war“; er findet, daß sie den Locken seines kleinen Ferdinands gleichen.
Negrelli’s Tätigkeit in Italien will lange nicht erfreulicher werden. Es ist schwierig, die Geschäfte in Gang zu bringen. Ungeachtet aller Anstrengungen will dies und jenes nicht nach Wunsch gelingen; am raschesten noch erledigen sich die Arbeiten in der Lombardei; langsamer geht es im Gebiete Venedigs; hier stockt schließlich alles Schaffen und Wirken, weil man in Wien den Geldsäckel fest zugeschnürt hält und weil Venedig sich dem Heere Österreichs nicht ergibt. So muß sich Negrelli darauf beschränken, den Betrieb wenigstens bis Mestre einzurichten, jener volkreichen und schmutzigen Stadt, von der ein Kanal in die Lagunen hinaus und nach Venedig führt.
Die Nachrichten aus Wien klingen nicht immer erfreulich. Mit innerer lebhafter Genugtuung begrüßt er die Nachricht von dem Fall des Ministers Schwarzer, der ihm — wie er meint — viel geschadet und vielleicht selbst seine „Karriere“ zerstört hat. Die große Entfer-