1. In sturmbewegter Zeit
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sehen Partei in Wien erhängt worden usw_Wie wird
es Dir und den Kindern, wie es den Deinen gehen!“ Und um 1 Uhr mittags fügt er hinzu: „Soeben empfange ich Deinen schrecklichen Brief vom 7. d. M. Ich kann Dir gar nicht sagen, wie mich die empfangenen Nachrichten niedergedonnert haben. Auf solche Weise bekunden die Wiener ihre Loyalität gegen den Kaiser!!! Wohin soll das enden? Ich vernehme soeben aus an deren Mitteilungen, daß die kaiserliche Familie sich nach Olmütz begeben habe. Gott geleite sie! Entfernt vom Schauplatz des Schreckens vermag ich kaum einen Beschluß zu fassen, wohin Ihr Euch retten sollt! Ich erteile meinem kernbraven Weibe Vollmacht zu ziehen, wohin sie will — handle als starkes, braves Weib!“ Er rät ihr, nach Innsbruck zu flüchten — es ist der einzige Ort, der noch Sicherheit bietet, sie soll nicht viel Sachen einpacken, bis Linz das Dampfschiff benützen und von dort einen Wagen nehmen. „Schreibe mir von nun an alle Tage, wenn auch nur ein paar Zeilen — oder trage Du es den Knaben auf, damit ich wenigstens in Beziehung auf Euch beruhigt werde. In Beziehung auf das Übrige habe ich wohl jetzt ziemlich alle Hoffnung verloren. Wien hat jetzt der Monarchie und mit ihr sich selbst das Messer in das Herz gestoßen!“ Schon am nächsten Tage rät er seiner Frau, über Bruck a. M., Leoben und Radstadt nach Salzburg und von da nach Innsbruck zu flüchten, „wo noch Glaube und Treue bestehen, wo es ruhig ist, wie in Italien und wo man begreift, daß Anarchie nicht Freiheit ist..“ und zwei Stunden später fügt er mit angsterfüllten Worten dem Briefe als Nachschrift den Rat bei, unmittelbar über Cilli nach Verona zu kommen — die Fahrt über die Berge nach Innsbruck sei für den kleinen Ferdinand zu beschwerlich, die Jahreszeit zu rauh; wenn aber der Semmering über-